Außenministerin Annalena Baerbock hat vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der Terrororganisation Hisbollah vor weitreichenden Konsequenzen für den Libanon gewarnt. »Eine völlige Destabilisierung des Landes wäre fatal für die religiös vielfältigste Gesellschaft aller Staaten im Nahen Osten und ebenso für die gesamte Region«, sagte die Grünen-Politikerin bei der Ankunft in der Hauptstadt Beirut.
Seit dem Angriff der palästinensischen Terrorgruppe Hamas auf Israel hat Baerbock das Nachbarland mehrfach besucht - doch die Sicherheitslage hat sich zuletzt noch mal deutlich verschärft. Baerbocks Besuch war aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehalten worden.
Israel bekämpft im Libanon die vom Iran unterstützte Hisbollah mit Luftangriffen und auch mit Bodentruppen im Süden des Landes, um die seit gut einem Jahr erfolgenden, täglichen Raketenattacken der Terroristen zu stoppen.
Deutliche Schwächung
»In den vergangenen Wochen ist es Israel gelungen, die terroristische Hisbollah deutlich zu schwächen«, sagte Baerbock. »Jetzt gilt es, gemeinsam mit unseren Partnern in den USA, Europa und der arabischen Welt eine tragfähige diplomatische Lösung zu erarbeiten, die die berechtigten Sicherheitsinteressen Israels und ebenso des Libanon wahrt.«
Der Schlüssel zum Frieden liege in der vollen Umsetzung der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats. Diese sieht vor, dass sich die Hisbollah von der israelisch-libanesischen Grenze etwa 30 Kilometer weiter Richtung Norden hinter den Litani-Fluss zurückzieht. Israel sieht das als Voraussetzung dafür, dass die Bürger im Norden des Landes in Sicherheit leben können.
Baerbock sagte, bei der Umsetzung der Resolution komme auch den libanesischen Streitkräften eine wichtige Rolle zu. Die libanesische Armee verhält sich in dem Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah neutral. Es kam aber bereits zu Zwischenfällen, bei denen mehrere Soldaten getötet und verletzt wurden.
Schwieriger Weg
In Beirut und am Donnerstag bei einer Libanon-Konferenz will Baerbock »ausloten, wie wir auf diesem schwierigen Weg vorankommen können und zugleich dazu beitragen, das humanitäre Leid zu lindern«, wie sie sagte.
Die humanitäre Lage im Libanon werde jeden Tag verzweifelter, sagte Baerbock. Es sei unerträglich, »wie verantwortungslos sich Terroristen hinter Zivilistinnen und Zivilisten verstecken und von dort weiterhin Raketen auf Israel abfeuern«.
Gleichzeitig müsse Israel seine Operationen an den engen Grenzen des Selbstverteidigungsrechts und des humanitären Völkerrechts ausrichten und das Leben unschuldiger Zivilisten schützen. Genau dies tun die israelischen Streitkräfte bereits, auch indem sie Bewohner warnen und zur Flucht auffordern, bevor in ihrer Gegend Terror-Ziele angegriffen werden.
Ziemiak dabei
Für alle Konfliktparteien gelte die Verpflichtung zum Schutz von UN-Friedenstruppen. Die UN-Blauhelmtruppe Unifil werde für eine politische Lösung gebraucht, betonte Baerbock. »Jeglicher bewusster Angriff auf UN-Blauhelme verstößt gegen das humanitäre Völkerrecht«, erklärte sie.
In Beirut sind Gespräche mit Politikern und Vertretern einer Hilfsorganisation geplant. Paul Ziemiak (CDU), der Vorsitzende der Deutsch-libanesischen Parlamentariergruppe, begleitet Ministerin Baerbock auf ihrer Reise. dpa/ja