von Harald Loch
Wie jedes Jahr kann sich Leipzig auch 2007 rühmen (und tut es ausgiebig), das größte Lesefest Europas zu veranstalten. Im Rahmen der Frühjahrsbuchmesse vom 21. bis 25. März finden über 1.900 Veranstaltungen mit etwa 1.500 Autoren an 300 zum Teil recht originellen Orten statt.
Jüdische Bücher, Themen und Autoren sind seit Jahren fester Bestandteil dieses Lesemarathons. Jüdische Lebenswelten heißt die traditionelle Veranstaltungsreihe, die in diesem Jahr unter dem Motto »Nirgendwo und überall zu Haus« steht. Von Donnerstag bis Sonnabend finden in der Aula der Alten Nikolaischule drei prallvolle Leseabende statt, bei denen zum Beispiel Götz Aly und Michael Sontheimer über Aufstieg und »Arisierung« des jüdischen Kondomfabrikanten Julius Fromm berichten, Freya Klier über jüdische Auswanderer nach Neuseeland liest, Lily Brett Auszüge aus ihrem Buch Chuzpe präsentiert und Georg Stefan Troller seine und andere Lebensgeschichten erzählt. Neu in der Reihe sind mit den Lesungen von Alexander Kostinskij und Nava Semel zwei Veranstaltungen für Kinder.
Neu ist auch eine Veranstaltungsreihe zu den deutsch-israelischen Beziehungen. Sie geht zurück auf den erfolgreichen Messeschwerpunkt »Vierzig Jahre diplomatische Beziehungen Israel – Bundesrepublik« vor zwei Jahren. Unter dem Titel »Le- benserfahrungen – Schreiberfahrungen« findet hier am Donnerstag, 22. März eine der interessantesten Veranstaltungen der Messe statt: Vier Studierende des Deutschen Literaturinstituts Leipzig haben jeweils ein Buch eines jungen israelischen Autors gelesen und diskutieren mit diesen über ihre Leseeindrücke. Am Freitag heißt es »Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen«: Lena Gorelik liest aus ihrem neuen Buch Hochzeit in Jerusalem. Danach wird der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominierte Holocaustforscher Saul Friedländer mit Micha Brumlik und Stefan Detjen von Deutschlandradio Kultur über »Jüdisches Leben in Deutschland« diskutieren. Anschließend stehen israelische und deutsche Journalisten für ein Publikumsgespräch zur Verfügung. Am Sonnabend lösen sich bei Lesungen und Gesprächen im Stundentakt Israels Botschafter Shimon Stein, Michael Degen, Ralph Giordano und Louis Begley ab. Alle Veranstaltungen finden in den großzügigen und schönen Räumen des Museums für Bildende Künste in Leipzig statt.
Zum Programm der Buchmesse gehört auch die Verleihung des Leipziger Preises für europäische Verständigung. Einer der beiden diesjährigen Preisträger ist der russische Autor Michail Ryklin, der in seinem bei Suhrkamp erschienenen Buch Mit dem Recht des Stärkeren unter anderem die durch gemeinsame antisemitische Grundüberzeugungen geprägte Achse zwischen dem russischen Geheimdienst FSB und der orthodoxen Kirche in Putins Russland anklagt.
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