Das Internationale Auschwitz Komitee hat das Urteil des Frankfurter Verwaltungsgerichtes zum Auftritt des britischen Rocksängers Roger Waters in der Frankfurter Festhalle scharf kritisiert. »Nicht nur jüdische Überlebende der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager bleiben nach dem Urteil einmal mehr traurig, fassungslos und zunehmend desillusioniert zurück«, erklärte Vizepräsident Christoph Heubner am Dienstag in Berlin.
»Überlebende des Holocaust beobachten mit großer Sorge ein Vordringen des Antisemitismus aus verschiedenen Richtungen der Gesellschaft, und sie erleben, wie sie und ihre Familienmitglieder vermehrt Beleidigungen und Drohungen bis hin zur Gewalt ausgesetzt sind«, fügte Heubner hinzu. Waters, der Mitbegründer der Band »Pink Floyd« ist, verbinde immer wieder Schmähungen des Staates Israel mit antisemitischen Einstellungen und Verschwörungsbotschaften. Durch seine Propagandashows sei er für das Ansteigen antisemitischer Stimmungen und Feindseligkeiten stark mitverantwortlich.
Bittere Situation »In diesem Zusammenhang ist die Feststellung des Gerichtes, das Konzert in der Festhalle verletze nicht die Menschenwürde der 1938 eben dort festgesetzten und dem antisemitischen Hass der Nazis ausgesetzten jüdischen Männer ein erneuter Angriff auf die Würde dieser Menschen und die Erinnerungen ihrer Familien«, betonte Heubner. Nach den antisemitischen Darstellungen auf der documenta vor wenigen Monaten sei die Entscheidung des Gerichts für jüdische Menschen ein weiterer Beleg dafür, »dass Teile dieser Gesellschaft und manche ihrer Institutionen sie zu schützen nicht willens sind. Für Deutschland eine bittere Situation.«
Das Gericht hatte am Montag entschieden, dass der britische Rockmusiker trotz Antisemitismusvorwürfen in Frankfurt auftreten darf. Die Jüdische Gemeinde Frankfurt nannte die Entscheidung des Gerichts »nicht nachvollziehbar«. Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte das Urteil ebenfalls scharf. Dessen Präsident Josef Schuster sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Es ist unerklärlich, wie eine offenkundige Anlehnung an nationalsozialistische Symbolik keine juristischen Konsequenzen haben soll.«
Das Gericht führte aus, dass sich Waters im Rahmen seiner Bühnenshow zwar »offenkundig einer an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnten Symbolik« bediene. Entscheidend sei aber, dass sein Auftritt in der »Gesamtschau« nicht den Schluss zulasse, dass der Musiker NS-Gräueltaten verherrliche oder relativiere oder sich mit der Rassenideologie identifiziere.
Das Verwaltungsgericht räumte zugleich ein, dass »gerade vor dem historischen Hintergrund der Festhalle« Waters Bühnenshow »als besonders geschmacklos« zu bewerten sein möge. Vor und im Gebäude erinnern Gedenktafeln an das Schicksal von mehr als 3.000 Juden, die dort im Zuge der Novemberpogrome 1938 festgehalten, misshandelt und später deportiert worden waren. Die Konzertveranstaltung sei aber »als Kunstwerk zu betrachten« und die Kunstfreiheit nach dem Grundgesetz schrankenlos gewährt. kna/ja
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