von Christian Höller
Mit einer Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen von Adolf Frankl hat am Wiener Judenplatz dieser Tage die Galerie »Art Forum« eröffnet. Die Werke, in denen Frankl (1903-1983) seinen Schmerz über die Juden-Deportationen aus der slowakischen Hauptstadt Preßburg (Bratislava) ausdrückte, sind in der Sammlung »Bilder aus dem Inferno« zusammengefaßt.
Als einer der wenigen Überlebenden der Hölle von Auschwitz malte Frankl dieses Manifest des Grauens, um ein künstlerisches Zeitzeugnis für die Nachwelt zu schaffen. Gleichzeitig waren die Bilder für ihn ein Versuch, um die schrecklichen Erfahrungen in Auschwitz zu verarbeiten. Das Werk besteht aus über hundert Ölgemälden und ebenso vielen Zeichnungen, Aquarellen und Skizzen.
Das Bemerkenswerte an den Gemälden ist die dominierende Macht der bunten Farben. Frankl stellte die Erlebnisse im Konzentrationslager in grellen Farben dar. Diese leuchten – vor einem meist dunklen Hintergrund – wie Feuer. »Die Erinnerungen, die sich in meinem Inneren als eine eingemeißelte, heilige Wut befinden, will ich als Mahnmal mit meinen eigenen Händen versuchen festzuhalten – in einer Art, die auch in der Zukunft die Menschen an diese Tragödie erinnern kann«, sagte Frankl.
Besonders einprägsam sind in den Bildern die Gesichter der Todgeweihten dargestellt. Bei der Abholung von der Polizei, beim Verladen in die Waggons, beim Essen in der Baracke, beim Hungern und Sterben: Die Gesichter sind starr vor Schreck, die großen Augen treten aus ihren Höhlen, der Blick ist voller Todesangst. In den Bildern zeigt er, »wie uns auf unmenschliche Art die Seele aus dem Körper gerissen wurde und uns der ständige Hunger in den Wahnsinn trieb«, schrieb Frankl. Nach dem Krieg wurde er von den Erlebnissen eingeholt. »Am Abend, wenn alle schlafen, hole ich das gefärbte Gewebe hervor. Ich suche nach einer Lösung, um die grauenhaften Gedanken, die hinter meinen Augen toben, für andere verständlich zu machen.«
Frankl, 1903 in Preßburg geboren, hatte in jungen Jahren zu malen begonnen. Als Siebzehnjähriger nahm er Kunst- und Malunterricht, ergriff jedoch eine bürgerliche Laufbahn und betrieb ein Geschäft für Innendekoration. 1941 wurde die Firma »arisiert«, und 1944 wurde Frankl nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Nach der Befreiung kehrte er nach Preßburg zurück und baute sein Unternehmen wieder auf. 1949 emigrierte er mit seiner Familie nach Wien, nachdem das kommunistische Regime seinen Besitz verstaatlicht hatte.
Der legendäre Wiener Cafetier Leopold Hawelka bot der Familie Frankl in den ersten Jahren seine Unterstützung an. Gerührt erzählt Thomas Frankl, der Sohn des Malers, wie seine Familie von Hawelka in einer Zeit des Hungers in Wien verköstigt wurde. Der Sohn hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Vermächtnis seines Vaters an die kommenden Generationen weiterzugeben.
In den vergangenen Jahren sorgte er dafür, daß die Ausstellung »Bilder aus dem Inferno« in vielen Städten zu sehen war. Er ist auch für die Galerie am Judenplatz verantwortlich. Damit hat er einen Wunsch seines Vaters erfüllt, daß die Bilder möglichst in der Nähe von dessen Geburtsstadt Bratislava gezeigt werden. Für den 72jährigen Frankl stellt sich inzwischen die Frage, wie das Erbe seines Vaters angemessen weitergeführt wird. Er plant, einen Teil der Bilder zu verkaufen. Mit dem Geld sollen die Kosten für die Ausstellungen und für die Galerie gedeckt werden. Frankl nahm dafür Kredite auf.
Am liebsten wäre es ihm, wenn sich ein Museum oder eine Institution finden würde, das die Bilder dauerhaft zeigt. Doch bislang hat sich kein Museum dafür bereit erklärt. Wer sich für eines der Werke interessiert, kann sich in der Galerie melden. Frankl will die Gemälde nur an Interessenten verkaufen, wenn sie diese auch künftig leihweise für Ausstellungen zur Verfügung stellen.
www.artforum.judenplatz.at