Frühlingsball

Aufforderung zur Hora

von Brigitte Jähnigen

Königin Esther und König Achaschverosch wären begeistert gewesen: Schon zum 29. Mal hatte am vergangenen Wochenende der Stuttgarter TSV Makkabi zum Purimball geladen. Über diese beeindruckende Tradition staunte selbst Schirmherrin Charlotte Knobloch: »Die Renaissance jüdischen Lebens mehr als 70 Jahre nach der Schoa ausgerechnet im Land der Täter ist eine größere Freude als jeder militärische Sieg.«
Talentförderung, wie sie der Stuttgarter TSV Makkabi betreibe, sei ein Sieg auf der ganzen Linie gegen die rechte Brut, so die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland bei ihrem Besuch im Festsaal des Stuttgarter Hotels Le Méridien. Charlotte Knobloch, von TSV-Makkabi-Vorsitzendem Martin Widerker als »unsere Stimme in Berlin« begrüßte, beglückwünschte die erfolgreiche Tischtennis-Mannschaft zu ihrem aktuellen Aufstiegserfolg und rief den Makkabianern zu: »Gründen Sie neue Sektionen, gerade der Mannschaftssport ist ein Mittel zur Förderung des Gemeindelebens.«
Mit sehr persönlichen Worten bedankte sich die Schirmherrin des Frühlingsballs bei den vielen ehrenamtlich Tätigen, ohne die ein Verein gar nicht existieren könne. Sie wünschte sich zudem eine lange Zusammenarbeit mit Martin Widerker als Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland. »Ihre Argumente im Zentralrat sind scharf und wahrheitsgetreu«, sagte Charlotte Knobloch zu Widerker als Vorstandsmitglied der Repräsentanz der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs.
Mit Verve stürzten sich nach weiteren Grußworten die Ballgäste aus Vereinen, Gemeinde, aus Wirtschaft, Politik und Freundeskreisen der Gemeinde zu den mitreißenden traditionellen Songs der Jakov Kopel Band zum Horatanzen in die Reihen. Andere stärkten sich zuerst am kalt-warmen-Fisch-Buffet.
»Tanzen Sie, so lange es noch geht«, forderte Christa Anna Ockert immer wieder Tanzmuffel auf. Zu Purim gehöre ausgelassenes Tanzen wie Wein, gutes Essen und Wohltätigkeit, erklärte die Lebenspartnerin von Hary Guttman – zusammen sind sie 144 Jahre alt. Seit vier Jahren folgt das Esslinger Paar der Einladung des TSV Makkabi zum Purimball. Nicht nur der Verein, in dem Juden und Nichtjuden zu fairen Wettkämpfen antreten, auch die jüdische Gemeinschaft in Württemberg wünscht sich mehr denn je einen selbstverständlichen Platz im öffentlichen Leben.
»Ich fühle mich in der Gemeinde zu Hause«, sagte Hary Guttman. Mit seiner nichtjüdischen Lebenspartnerin besucht der Juwelier und Goldschmiedemeister aber auch Kirchenkonzerte wie kürzlich Händels »Messias«. Aufgewachsen ist Guttman in einer orthodoxen Familie im rumänischen Moldawa. »Die jüdische Tradition, zu der das Purimfest gehört, muss bleiben«, sagte er und seine Partnerin nickt mit strahlendem Gesicht. Nach Pessach, verrät das späte Liebespaar, fliegen sie nach Israel. Die Ex-Leipzigerin Christa Anna Ockert wird zum ersten Mal in das heilige Land reisen.
Nachdem Guttman Landesrabbiner Netanel Wurmser begrüßt hat, der mit seiner Gattin am Purimball teilnimmt, kaufen die beiden Lose. Getreu der Tradition, an Purim Gutes zu tun, fließt der Erlös aus dem Losverkauf in die Integrationsarbeit des TSV Makkabi. Ihre Flugtickets nach Israel müssen sie allerdings selbst bezahlen, denn dieser Hauptgewinn der reich bestückten Tombola machte ging an diesem Abend an einen anderen Gast. Stuttgarts bekannte Opern- und Kammersängerin Helene Schneiderman durfte für ihre Lose ein Mohnblüten-Gemälde der Stuttgarter Malerin Mina Gampel mit nach Hause nehmen.
Die Künstlerin Mina Gampel zählt zu den Pionieren der Aufbauarbeit des TSV Makkabi und zu den unermüdlichen Aktivisten aller Stuttgarter Purimbälle. Nun gab sie ihren Abschied aus dem Vorstand des Vereins bekannt. »Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, aber es wird Zeit, den Platz für die jüngere Generation freizumachen«, sagt Gampel. Und begibt sich mit Alt und Jung auf die Tanzfläche, um bis weit nach Mitternacht in großer Ausgelassenheit und bester Purim-Tradition das Tanzbein zu schwingen.

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025

Berlin

Kreise: Union will Gesetz doch zur Abstimmung stellen

Hinter verschlossenen Türen wurde in den Unionsparteien viel über das »Zustrombegrenzungsgesetz« gesprochen. Nun gibt es laut Teilnehmern eine Entscheidung

 31.01.2025

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehoud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025

Gedenken

Mehr Menschen sollen sich Auschwitz anschauen

Wer einmal dort war, stelle sich die Frage, warum die Erinnerung wachgehalten werden muss, nicht, so Zentralratspräsident Schuster

 26.01.2025

Geisel-Abkommen

Scholz: Es müssen weitere Geiseln freikommen

Noch immer sind auch deutsche Staatsbürger in der Gewalt der Hamas

 25.01.2025

Thüringen

Buchenwald-Komitee droht mit Boykott von Gedenkfeiern

Die mögliche Wahl des AfD-Abgeordneten Jörg Prophet zum Vizepräsidenten des Landtags sorgt für Zündstoff. Zuletzt signalisierte die CDU von Ministerpräsident Mario Voigt Gesprächsbereitschaft gegenüber der AfD

 24.01.2025