südamerika

Auf Partnersuche

Mit Superlativen sollte man vorsichtig sein, vor allem wenn es um Politik auf der großen Weltbühne geht. Aber die Südamerika-Reise des israelischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Schimon Peres kann durchaus als historisch bezeichnet werden. Seit 1966 hatte kein israelisches Staatsoberhaupt mehr Brasilien besucht; und auch die Visite von Präsident Chaim Herzog in Argentinien liegt schon 20 Jahre zurück.
Nachdem Israels Außenminister Avigdor Lieberman im Juli das südliche Amerika bereist hatte, nun also Peres. Brasilien und Argentinien haben mit rund 150.000 beziehungsweise 300.000 Mitgliedern die größten jüdischen Gemeinden Südamerikas. Und beide Staaten werden von Israel als historische Verbündete gesehen, die 1947 in der UNO für die Gründung des Staates Israel gestimmt haben. Politische und strategische Bindungen stärken, die wirtschaftliche Zusammenarbeit ausbauen und der iranischen »Infiltration« auf dem Kontinent entgegenwirken, so lässt sich das Besuchsprogramm des 86-jährigen Peres kurz zusammenfassen. Der Zeitpunkt hätte kaum besser gewählt sein können. Denn Ende der Woche wird Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad in Buenos Aires seine Aufwartung machen und dann nach Brasilien weiterreisen (vgl. Jüdische Allgemeine vom 29. Oktober, S. 7). Und auch der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, reist dieser Tage in die Region.

schlüsselrolle Brasilien spielt unter den G20 als aufstrebende Wirtschaftsmacht sowie als Sprecher der Schwellenländer und ärmeren Staaten eine Schlüsselrolle in Israels Außenpolitik – nicht zuletzt um Irans Einfluss in der Region zu begrenzen. Beim Zusammentreffen von Peres mit Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula Da Silva am vergangenen Mittwoch ging es denn auch vor allem um die Situation im Nahen Osten und Ahmadinedschads bevorstehende Brasilien-Reise.
Lula verteidigte erneut den Besuch des iranischen Präsidenten, der die Auslöschung Israels propagiert und mehrfach öffentlich den Holocaust geleugnet hat. Brasilien hat gute Beziehungen zum Iran – ein Umstand, der nicht nur Israel, sondern auch den USA Unbehagen bereitet. Gefragt, wie dies zu einer Freundschaft mit Israel passe, sagte Lula, man müsse »mehr miteinander sprechen und Vermittler suchen, die einen Beitrag leisten wollen«. Anders sei ein dauerhafter Frieden in Nahost nicht zu erreichen. Auch äußerte er öffentlich sein Interesse, im Friedensprozess zu vermitteln.
Brasilien ist stolz darauf, dass seine Außenpolitik unabhängig ist, sowohl von den USA als auch von den linken Regierungen der Region. So verteidigte Lula beim UN-Gipfel im September in New York Irans Recht auf eine friedliche Nutzung der Kernenergie. Dies entspricht dem Selbstverständnis Brasiliens, das sich gern als Vermittler begreift und für einen nach allen Seiten offenen Dialog eintritt. Ein gutes Verhältnis zur islamischen Welt ist darüber hinaus wichtig für Brasiliens diplomatische Initiative für eine Reform des UN-Sicherheitsrats, wo es einen dauerhaften Sitz anstrebt. Zudem ist die relativ große schiitische Gemeinde in den brasilianischen Bundesstaaten Paraná und São Paulo sicher ein weiterer Grund, offene Beziehungen zum Iran zu suchen.
Einer der Höhepunkte von Peres’ fünftägigem Brasilien-Besuch war seine Rede vor dem Parlament. Dabei rief er das Land dazu auf, seine Stimme »klar« zu erheben – gegen Terrorismus und Drohungen gegen die Integrität des Staates Israel.

freihandelsabkommen Zuvor hatte das Parlament das bereits 2007 beschlossene Freihandelsabkommen zwischen Israel und dem südamerikanischen Wirtschaftsraum Mercosur (Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay) ratifiziert. Peres wurde von rund 40 Managern und Geschäftsleuten begleitet, die eine Reihe von Wirtschaftsvereinbarungen schlossen. Brasilien hat sich recht schnell von der weltweiten Wirtschaftskrise erholt. Schon für nächstes Jahr werden 3,5 Prozent Wirtschaftswachstum erwartet, was das Land zu einem begehrten Handelspartner macht. Brasilia ist vor allem an Israels Know-how bei Rüstungsgütern interessiert. Ein Militärabkommen wurde geschlossen, über dessen genauen Inhalt aber nichts bekannt wurde, sowie verschiedene bilaterale Abkommen, darunter eines zu Auslieferungen.
Am Samstag besuchte Peres die Hebraica, das Sport-, Kultur- und Sozialzentrum der Jüdischen Föderation von São Paulo, wo ihn rund 2.000 Menschen erwarteten. Claudio Lottenberg, Präsident der Jüdischen Gemeinde von São Paulo, äußerte seine Zuversicht, dass Brasilien im Nahost-Friedensprozess helfen könne und versicherte die unveränderte Verpflichtung der Gemeinde gegenüber Israel. »Wenn Juden und Araber in Brasilien in Harmonie leben können, dann ist das auch im Nahen Osten möglich«, entgegnete Peres.
Am Sonntag reiste er nach Argentinien weiter. Die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder waren noch nie so gut. Das Exportvolumen argentinischer Produkte nach Israel hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Und auch außenpolitisch liegt Argentinien eher auf der Linie der USA und Israels, wenn es darum geht, den Iran zu isolieren. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Erinnerungen an die schweren Bombenanschläge in den 90er-Jahren noch relativ frisch sind.
Als deren Urheber gilt die vom Iran unterstützte Hisbollah. Bei einem Angriff auf die israelische Botschaft in Buenos Aires 1992 waren 29 Personen getötet worden; das Attentat auf das jüdische Gemeindezentrum AMIA im Juli 1994 forderte 85 Menschenleben. Die Entscheidung für die Anschläge seien von der damaligen Regierung im Iran gefallen, so eine argentinische Untersuchungskommission. Argentinien verlangt deshalb die Auslieferung fünf ehemaliger hoher iranischer Funktionäre und eines Libanesen, doch Teheran lehnt ab. Wenig verwunderlich, denn einer der Drahtzieher ist Irans neuer Verteidigungsminister Ahmad Vahidi.
Seit Ahmadinedschad 2005 zum Präsidenten gewählt wurde, hat Teheran in etlichen südamerikanischen Ländern neue Botschaften eröffnet. Auch baut Iran etliche »islamische Kulturzentren« in der Region auf. Besonders eng sind die Verflechtungen mit Venezuela. Beide eint die OPEC-Mitgliedschaft und ein ausgeprägter Antiamerikanismus ihrer Präsidenten. US-Fahnder vermuten zudem, dass Venezuelas Behörden den Unternehmen der Hisbollah wohlwollend gegenüberstehen und deren Mitglieder mit falschen Pässen versorgen.

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