von Wladimir Struminski
Gute Nachrichten für Amir Peretz: Seine Arbeitspartei konnte in den jüngsten Vorwahlumfragen um zwei bis vier Mandate auf 21 Knessetsitze zulegen. Der Erfolg ist wohl der Kandidatenliste zu verdanken, die die Parteimitglieder in der vergangenen Woche veröffentlicht haben. Darin wird dem Wähler von allem etwas geboten. Junge, frische Politiker – dafür stehen Jitzchak Herzog (Sohn des ehemaligen Staatspräsidenten Chaim Herzog) und Ofir Pines. Beide haben Charme und verpacken ihr Streben nach Amt und Würden in telegenes Lächeln. So etwas hat in Israel Seltenheitswert und kommt beim Wähler gut an. Für Weltoffenheit und intellektuelle Redlichkeit steht Awischai Braverman, Präsident der Universität Beer Schewa und Peretz’ Kandidat für das Finanzressort. Unter den ersten siebzehn Kandidaten befinden sich fünf Frauen, für das Land ein Rekord. Das wohl Entscheidende aber: Die aussichtsreichen Listenplätze sind mit ausgewiesenen Sicherheitsexperten besetzt. Zu ihnen gehören Ex-Kommandeur der Kriegsmarine und ehemaliger Leiter des Inlandssicherheitsdienstes Schabak, Ami Ajalon, Ex-Wehrbezirkskommandeur und Mossad-Direktor Danny Jatom sowie der ehemalige Minister und Vizegeneralstabschef Matan Wilnai.
Aber selbst mit dieser Mannschaft erreicht die Peretz-Partei womöglich nicht einmal ein Fünftel der Wählerstimmen. Ein möglicher Grund: Sie gilt vielen als friedenspolitische Softie-Partei. Daran scheint auch die gesammelte Generalität nicht Wesentliches geändert zu haben. Jetzt versucht die Parteispitze, ihr Image zu korrigieren. Sie verspricht, genauso hart wie die Rechte gegen den Terrorismus kämpfen zu wollen. Am Montag räumte Peretz ein, die von ihm angestrebten Verhandlungen mit den Palästinensern könnten auch scheitern. Für diesen Fall stellte er eine einseitige physische Trennung von den palästinensischen Gebieten in Aussicht.
Auch wirtschaftspolitisch tut sich nach Einschätzung von Beobachtern die Partei schwer. Peretz’ Versprechen – die Beseitigung der Armut innerhalb von zwei Jahren und die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns um vierzig Prozent – haben der Partei nicht den erhofften Zulauf von sozial Schwachen beschert. Die Arbeitspartei, räumte der Ökonomie-Professor Braverman ein, habe auch keine Zauberlösung für das Armutsproblem; der Mindestlohn werde im Fall eines Sieges bei den Parlamentswahlen am 28. März nur behutsam angehoben, die Arbeitslosen sollen auch unter einem Ministerpräsidenten Amir Peretz vorrangig auf Arbeitssuche geschickt werden.
Kurskorrekturen hin oder her: Jetzt lautet die große Frage, ob »Genosse Trend« bis zum Wahltermin anhalten oder aber wieder abebben wird. Die kommenden Wochen könnten für Peretz’ Karriere von entscheidender Bedeutung sein. Für ihn geht es nicht nur um die Frage, ob er Premier werden kann. Bei einer Wahlblamage wären vermutlich auch seine Tage als Parteichef gezählt.