von Olaf Glöckner
Die jüdische Gemeinde in Frankfurt an der Oder ist eine der jüngsten im Osten Deutschlands. Ihre rund 200 Mitglieder, allesamt Zuwanderer aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, kennen Höhen und Tiefen eines Neuanfangs, den sie 1998 fast »aus dem Nichts heraus« wagten. Seit dem Zweiten Weltkrieg und der Schoa hatte es in der Oderstadt keinerlei organisiertes jüdisches Leben mehr gegeben, auch die Infrastruktur der vormals blühenden deutsch-jüdischen Gemeinde war komplett zerstört.
Doch für den Neubeginn gab und gibt es vielfältige Unterstützung: So stellte die Stadtverwaltung vor Jahren ein geeignetes Gebäude für Synagoge und Büroräume in der Frankfurter Innenstadt bereit. Chabad Lubawitsch Berlin übergab in diesem Jahr eine Torarolle, und Yeschiva-Studenten der Ronald S. Lauder Foundation könnten bald bei der Gestaltung der Schabbat-Gottesdienste helfen. »Wir sind dankbar für all diese Hilfen«, sagt der Gemeindevorsitzende Volodymyr Levytskyy. »Das macht uns Mut für künftige Aufgaben.«
Eines der vorrangigsten Probleme war bisher allerdings ungeklärt: Die Gemeinde verfügt über keinen eigenen Friedhof. Das frühere, jahrhundertealte »Beth Olam« (»Haus der Ewigkeit«), wo auch berühmte osteuropäische Rabbiner und Talmudgelehrte ihre Ruhestätte fanden, liegt heute im polnischen Teil der Stadt, Slubice, und kommt für eine Nutzung nicht mehr in Frage. Deshalb mussten verstorbene Mitglieder der neuen Frankfurter Gemeinde bisher auf jüdischen Friedhöfen in Berlin oder Potsdam bestattet werden. Einige wurden sogar in ihre Heimatorte in der früheren Sowjetunion gebracht. Fanden dagegen Begräbnisse auf städtischem Friedhofsgelände statt, gab es keine rabbinische Beerdigungszeremonie.
Nun scheint endlich eine Lösung gefunden – auch wenn sie die Situation nicht »von heute auf morgen« verändern kann. Vergangene Woche haben Vertreter der Frankfurter Stadtverwaltung und des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Brandenburg den Kaufvertrag über ein 2.800 Quadratmeter großes Grundstück im Stadtteil Süd unterzeichnet. Es grenzt unmittelbar an den städtischen Hauptfriedhof und bildet die Basis für das neue Haus der Ewigkeit.
Der geplante Friedhof soll rund 55 Begräbnisse ermöglichen, bei einer entsprechenden Erweiterung möglicherweise auch bis zu 80. »Nach dem Grundstückskauf beginnen nun die technischen Vorbereitungen«, erklärte Volodymyr Levytskyy. »Der Boden ist aufzubereiten und zu planieren, Strom- und Abwassersystem sind zu installieren, Bepflanzungen müssen vorgenommen werden.«
Spätestens im Jahr 2011, so der Vorsitzende, soll der Friedhof dann eröffnet werden. »Falls wir zusätzliche Finanzierungshilfen erschließen können, ist eine Nut- zung auch eher denkbar. Darüber wären wir natürlich sehr froh«, sagt der aus der Ukraine stammende Levytskyy. Auch an den Aufbau eines gemeindeeigenen Beerdigungsvereins, einer »Chewra Kadischa«, werde gedacht.