Deutschland präsentiert sich in diesen Tagen als »Land der Ideen«, die Metropole gibt sich gerne als Stadt der Dichter und Denker. Doch dabei hat sie sich leider ein wenig blamiert. Denn gerade bei Heinrich Heine, den sie ehren wollte, unterlief ein Fehler – einer seiner berühmtesten Sätze wurde verdreht. Auf dem Bebelplatz in Mitte ist eine Gravur, in Metall gestanzt, zu lesen: »Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen«. Ein wichtiges Zitat – gerade dort, wo die Nazis am 10. Mai 1933 bei der »Aktion wider den undeutschen Geist« Werke von Freud, Tucholsky und anderen unliebsamen Schriftstellern verbrannten. Jedoch: Beim Heine-Satz hat sich ein Wortdreher eingeschlichen. Richtig muß es heißen: »… dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen«. Haben Sie es gemerkt? Das kleine Wort »auch« steht falsch.
Einer hat es gesehen und ist darüber empört: Professor Jochanan Trilse-Finkelstein, 73, Literaturwissenschaftler und Heine-Experte in Prenzlauer Berg, holt das Heine-Buch Almansor hervor und legt das Original auf den Tisch: In dem Drama, das der Schriftsteller 1921 verfaßte, ist der berühmte Satz zu lesen. »Heinrich Heine, dessen Todestag sich in diesem Dezember zum 150. Mal jährt, bezog sein Zitat auf die Bücherverbrennung auf der Wartburg im Oktober 1817. Damals hatten nationalgesinnte Burschenschaften die Bücher mißliebiger Schriftsteller ins Feuer geworfen. Heine war die Schändung von geistigem Eigentum nichts Unbekanntes. Kein Wunder, daß es Finkelstein wurmt: »Ein Dichter solchen Ranges, in 80 Sprachen übersetzt, muß richtig zitiert werden. Die Wortverschiebung verändert den Sinn. Die wichtigste Aussage zur Bücherverbrennung wird dadurch beliebiger.« Die Gravur gehört zu einem dreiteiligen Werk des israelischen Künstlers Micha Ullmans. Im Auftrag des Landes Berlin wurde die Tafel 1994 ins Pflaster des Bebelplatzes eingelassen. Bisher hat sich niemand an dem Fehler gestört – oder ihn nicht bemerkt.
Aber Finkelstein kämpft um Berichtigung. »Ich habe an den Regierenden Bürgermeister geschrieben. Klaus Wowereit hat sogar geantwortet: Er wolle eine Kommission gründen, die das Problem lösen soll. Das war vor zwei Jahren – passiert ist nichts.« Jetzt will der streitbare Professor eine Petition einbringen. »Ich gebe nicht auf. Das bin ich Heine schuldig«.
Evelyn Köhler
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