von Marina Maisel und
Miryam Gümbel
»Munio Weinraub – Amos Gitai. Architektur und Film in Israel« ist der Titel einer Ausstellung, die noch bis zum 8. Februar 2009 im Architekturmuseum der Technischen Universität München in der Pinakothek der Moderne gezeigt wird. Diese vielschichtige Schau über den am Bauhaus ausgebildeten Architekten Munio Weinraub (1909-1970) und seinen Sohn, den international renommierten Regisseur Amos Gitai (geboren 1950), stellt einen Protagonisten des Neuen Bauens in Israel und einen kritischen Filmemacher und Chronisten des Landes vor. Amos Gitai hatte sich bereit erklärt, den archetektonischen Nachlass seines Vaters dem Architekturmuseum in München zu überlassen. Einzige und gern erfüllte Bedingung dieser Schenkung: eine Ausstellung in der Pinakothek der Moderne.
Die Konzeption der Ausstellung entstand aus dem Spannungsfeld zwischen Vater und Sohn, zwischen Architektur und Film, zwischen einem Architekten, der das Land Israel entscheidend mit aufbaute und einem Filmemacher, der die damit gewachsenen Themen und Probleme in seinen Arbeiten kritisch reflektiert. Der 99. Geburtstag Munio Weinraubs war ein würdiger Anlass, diese Ausstellung in An- wesenheit von Amos Gitai und seiner Familie zu eröffnen.
In drei Sälen werden die unterschiedlichen Werke der beiden Männer präsentiert. Dabei ergänzen sich die Skizzen und Modelle des Vaters und die Filmsequenzen des Sohnes. Mehr noch, die Ausstellungsobjekte treten in einen direkten Dialog miteinander. Der vom Bauhaus geprägte Vater kam nach dem Studium 1934 nach Haifa und startete hier seine sozial engagierte Architektur in insgesamt über 250 Projekten, davon 60 Kibbuzim, Wohnanlagen, Schulen, Industrie- und Kulturbauten. Genau diesen Aufbau im gelobten Land zeigt Amos Gitai in dem Film »Eden«. Auch er studierte zunächst Architektur, bevor er sich nach dem Jom-Kippur-Krieg für die Filmkunst entschied. Eine Sequenz aus seinem Film – die Errichtung eines typischen, weißen Bauhauses – eröffnet die Ausstellung.
1942 entwarf Munio Weinraub die erste Skizze zu einer Gedenkstätte für Holocaustopfer, aus der sich später Yad Vashem entwickelte, der zentrale Ort der Erinnerung in Israel. Neben dem Modell der Gedenkstätte laufen auf einem Monitor Szenen aus Gitais Film »Kedma«. Darin wird die Ankunft der Holocaustüberlebenden gezeigt. Täter und Opfer, Verfolger und Opfer der Verfolgung – das sind die für beide Künstler bestimmenden Themen. Der zweite Raum widmet sich ganz der Staatsgründung und zeigt Modelle der gro ßen Bauten, wie etwa das Hydraulische Institut am Technion in Haifa oder die Wohnsiedlung Ramat Hadar in Haifa.
Der dritte Raum schließlich gehört ganz der Filmkunst von Amos Gitai. Der Autor von rund 80 Kurz-, Dokumentar- und Spiel- filmen ist in Deutschland weniger bekannt als in anderen Ländern. Mit seinem Dokumentarfilm »Bait« von 1980, der die Geschichte eines Hauses in West-Jerusalem, erzählt, erlangte der Regisseur internationale Anerkennung. Die alten und neuen Bewohner des Hauses, Palästinenser und Israelis, erzählen im Film ihre Geschichten und erzählen so die Leidensgeschichte von Arabern und Juden. Der Film wurde zensiert und in Israel nicht gezeigt. Trotzdem drehte der Regisseur mit zeitlichen Abständen noch zwei weitere Folgen. Wie in vielen anderen Filmen von Amos Gitai entsteht so eine Chronik des Nahen Ostens, sowie der sogenannten blinden Flecken in der israelischen Gesellschaft.
Zur Ausstellung ist ein reich illustrierter Begleitband in der Edition Minerva erschienen. Der in Deutsch und Englisch verfasste Band wurde herausgegeben von Winfried Nerlinger von der Technischen Universität München in Zusammenarbeit mit Mirjana Grdanjski, Ita Heinze-Greenberg und Anna Schlieben.
Dass die Ausstellung auch von einem reichen Begleitprogramm lebt, unterstreichen die zahlreichen Veranstaltungen. So sprach zum Beispiel in der vergangenen Woche der Architekturhistoriker und langjährige Kenner des filmischen Werks von Amos Gitai, Richard Ingersoll, über die Entsprechungen im Werk von Vater und Sohn. Der Vater stirbt, als der Sohn gerade 20 Jahre alt ist und seinen Militärdienst leistet. Danach widmet sich auch Amos Gitai erst einmal dem Studium der Architektur – am Technion in Haifa. Die Verbundenheit und das Spannungsfeld zwischen Vater und Sohn illustrierte Ingersoll dabei mit Bildern aus dem Werk beider.
Entwickelt haben das Begleitprogramm das Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und das Architekturmuseum gemeinsam. Auch die Veranstaltungen finden sowohl im Museum als auch im jüdischen Gemeindezentrum am Jakobsplatz statt.
Am Sonntag, 30. November, wird im Architekturmuseum ab 11 Uhr eine Filmtrilogie von Gitai gezeigt: Devarim, Yom Yom und Kadosh. Am 9. Dezember findet im Hubert-Burda-Saal des Jüdischen Zentrum Jakobsplatz eine Podiumsdiskussion mit Thomas Brechenbacher, Michael Wolff- sohn und Edna Brocke statt. Moderiert von Ellen Presser heißt dann das Thema »Israel und Deutschland – jüdisch Heimatland. Die Geschichte der Juden in Namen.«
Das Programm unter:
www.architekturmuseum.de/veranstaltungen.