Carter

Aparter Historiker

von Eva Schweitzer

»Rassist« wird er von Kritikern genannt, »Antisemit«, »Plagiarist« und »Schwachsinniger«. Selten hat ein ehemaliger US-Präsident mit einem Buch so viel Ärger ausgelöst. Denn Jimmy Carters Palestine: Peace Not Apartheid (»Palästina. Friede, keine Apartheid«) trifft in der jüdischen Gemeinde Amerikas auch deshalb einen Nerv, weil viele Amerikaner mittlerweile des gewalttätigen und undankbaren Mittleren Ostens überdrüssig werden. Die Washington Post und das Wall Street Journal haben Carters Buch verrissen. Trotzdem erreichte es mit mehr als 100.000 verkauften Exemplaren in sechs Wochen Platz fünf der New-York-Times-Bestsellerliste.
Die Kernthese ist brisant: Carter, der 1978 in Camp David die Friedensverhandlungen zwischen Israel und Ägypten führte, wirft Israel vor, in der besetzten Westbank Apartheid zu praktizieren mithilfe von Checkpoints, Straßen ausschließlich für Siedler, Landkonfiskationen und Ausgangssperren. Apartheid war das System der Rassentrennung, das in Südafrika bis 1994 galt. Damals wurden schwarze Afrikaner aus dem »weißen« Kernland in formell selbstständige Homelands ausgebürgert, die sie nur zur Arbeit verlassen durften. Prompt nannte Abraham Foxman von der Anti-Defamation League (ADL) Carter einen Antisemiten, und ADL-Chairman Glen Lewy warf ihm vor: »Der Schaden, den Israel und die amerikanische jüdische Gemeinde von Ihren substanzlosen Attacken davongetragen haben, ist beträchtlich.« Die ADL schaltete sogar Anzeigen, um vor dem Buch zu warnen. Beim Simon-Wiesenthal-Center unterzeichneten mehr als 6.000 Amerikaner eine Petition, die Carter vorwarf, voreingenommen zu sein. Und Carters eigener Berater, Professor Kenneth Stein, verließ das vom Ex-Präsidenten gestiftete Carter Center. Denn das Buch wimmele von »Fehlern, nicht korrekt zitierten Quellen, Auslassungen und Erfindungen«.
Rabbiner Shmuley Boteach nannte Carter in der Jerusalem Post einen »Trottel«, der einen »völligen Mangel an moralischem Verständnis« zeige. Der Anwalt Alan Dershowitz warf Carter vor, mit keinem Wort zu erwähnen, dass es sich bei Israel um eine Demokratie handele, deren arabische Bürger die gleichen Rechte besäßen. Der Anwalt Neal Sher, der in den USA untergetauchte Nazi-Verbrecher verfolgte, warf Carter sogar vor, dass sein Carter Center Geld von saudi-arabischen Prinzen und der Bin-Laden-Familie erhalten habe. Und die Republican Jewish Coalition schaltete Anzeigen mit dem Bild von Carter und einem Zitat des demokratischen Ex-Präsidenten: Israel habe kein legales oder moralisches Recht, den ganzen Libanon zu bombardieren. Prompt distanzierten sich führende Demokraten von dem Buch, allen voran Nancy Pelosi, die Sprecherin der Demokraten im Kongress, und der Parteivorsitzende Howard Dean.
Verteidigt wird das Buch nur von arabischstämmigen Amerikanern, wie Sherri Muzher von der Organisation Michigan Media Watch. Der schrieb in der Detroit Free Press, dass der südafrikanische Bischof Desmond Tutu die Behandlung der Palästinenser als »israelische Apartheid« bezeichnet und der südafrikanische Apartheidsgegner Breyten Breytenbach sich bei einem Besuch in der Westbank an »Bantustan« erinnert gefühlt habe.
Die Hauptschwäche des Buches ist aber: Ethnisch begründet ist der Konflikt um die Westbank ja gar nicht, denn Israelis und Palästinenser unterscheiden sich nicht in der Hautfarbe. Das räumt sogar Carter ein: Es gehe in Israel nicht um Rassismus, sondern schlicht um Landbesitz.

Wittenberg

Luthergedenkstätten untersuchen ihre Sammlung auf NS-Raubgut

Zwischen 1933 und 1945 erworbene Objekte werden analysiert

 19.02.2025

Braunau

Streit über belastete Straßennamen im Hitler-Geburtsort

Das österreichische Braunau am Inn tut sich weiter schwer mit seiner Vergangenheit. Mehrere Straßen tragen nach wie vor die Namen bekannter NS-Größen. Das soll sich nun ändern

 13.02.2025

Bund-Länder-Kommission

Antisemitismusbeauftragte fürchten um Finanzierung von Projekten

Weil durch den Bruch der Ampel-Koalition im vergangenen Jahr kein Haushalt mehr beschlossen wurde, gilt für 2025 zunächst eine vorläufige Haushaltsplanung

 12.02.2025

Österreich

Koalitionsgespräche gescheitert - doch kein Kanzler Kickl?

Der FPÖ-Chef hat Bundespräsident Van der Bellen über das Scheitern der Gespräche informiert

 12.02.2025

Düsseldorf

Jüdische Zukunft: Panel-Diskussion mit Charlotte Knobloch

Auf dem Podium sitzen auch Hetty Berg, Armin Nassehi und Philipp Peyman Engel

 11.02.2025

Sport

Bayern-Torwart Daniel Peretz trainiert wieder

Der Fußballer arbeitet beim FC Bayern nach seiner Verletzung am Comeback

 09.02.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  05.02.2025

USA/Israel

Trump empfängt Netanjahu im Weißen Haus

Als erster ausländischer Staatsgast in Trumps zweiter Amtszeit kommt der israelische Regierungschef nach Washington. In dem Republikaner hat der israelische Besucher einen wohlwollenden Unterstützer gefunden

 04.02.2025

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025