von Peter Nowak
Der Präsident der Freien Universität Berlin, Dieter Lenzen, hat den Ruf eines nüchternen Naturwissenschaftlers. Doch kürzlich geriet er im Tagesspiegel regelrecht ins Schwärmen, als er dort die Mitte April erfolgte Wiedereröffnung des grundsanierten Henry-Ford-Baus kommentierte: »Ein epochales Ereignis für die Freie Universität«, nannte Lenzen die Wiedereröffnung des Herzstücks der Universität. »Kommt und schaut«, ließ er seine Eloge enden.
Das tat auch das Mitglied des Allgemeinen Studentenausschusses (AStA) der FU-Berlin Ralf Hoffrogge. Er nutzte die universitären Archive und schaute sich die Dis- kussionen um den Namensgeber an. Autobauer Henry Ford ist als Erfinder des Fließbands weltweit bekannt. Der Begriff »Fordismus« wurde zum Namen einer ganzen Produktionsepoche.
Weniger bekannt ist, dass Ford ein fanatischer Antisemit war. So wurde in dem von Ford herausgegebenen Journal »The Dearborn Independent« eine Reihe antisemitischer Artikel publiziert. Darunter auch ein Nachdruck der Protokolle der Weisen von Zion, ein »Klassiker« des Antisemitismus. »Alles, was ich zu den Protokollen sagen kann, ist, dass sie zu dem passen, was vorgeht«, erklärte Ford 1921 in einem Interview. Im November 1920 erschien mit The International Jew unter Fords Namen eine Artikelsammlung im »Independent«, die, bald ins Deutsche übersetzt, zum festen Bestandteil der Propaganda deutscher Antisemiten wurde. Die Nazis verliehen Ford 1938 mit dem Großkreuz des Deutschen Adlerordens die höchste Auszeichnung, die Nazideutschland an Ausländer vergab.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs distanzierte sich Ford halbherzig von den antisemitischen Artikeln in den von ihm herausgegebenen Blättern. Für Hoffrogge handelt es sich dabei um wenig glaubhafte Schutzbehauptungen. Daher forderte der AStA eine Diskussion über den Namen Henry-Ford-Bau. »Ziel einer solchen Debatte kann nur eine Umbenennung des Gebäudes sein, denn es ist unerträglich, dass das symbolische Hauptgebäude der FU den Namen eines bekennenden Antisemiten trägt«, heißt es in der Pressemitteilung.
Ein Mitarbeiter der Presseabteilung der FU widerspricht. »Die FU schmückt sich nicht mit einem Antisemiten«, erklärte er. Das Hauptgebäude sei nicht nach Henry Ford senior, sondern nach dessen Enkel benannt. Ein Zusatz hinter dem Namen Henry Ford hält der Universitätssprecher nicht für nötig. Es sei längst allen klar, dass nur der Enkel gemeint ist.
Doch Hoffrogge ist von dieser Lesart nicht überzeugt. In den Akten werde lediglich der Beschluss des Akademischen Senats vom 2. März 1954 zitiert. Danach soll das Auditorium Maximum den Namen Henry-Ford-Bau tragen. Von Henry Ford II sei keine Rede gewesen. Der habe damals noch gelebt, und es sei nicht üblich gewesen, Lebende zu Namensgebern zu machen. Daher hält er, wie auch der AStA und einige studentische Initiativen, an der Umbenennungsforderung fest. Dazu müsse die Debatte unter den Studierenden und Dozenten, aber auch in der außeruniversitären Öffentlichkeit weitergehen.