von Wladimir Struminski
Saudi-Arabien ist nicht für seine Liebe zu Israel bekannt. Um so überraschter waren die Israelis, als die Tageszeitung Jediot Achronot von einem heimlichen Treffen zwischen Ministerpräsident Ehud Olmert und einem ranghohen Vertreter des saudischen Königshauses berichtete. Man habe über die atomare Aufrüstung des Irans und den israelisch-palästinensischen Friedensprozeß gesprochen, hieß es. Berichten zufolge kam Olmert mit dem Generalsekretär des saudi-arabischen Rates für Nationale Sicherheit, Prinz Bandar, zusammen. Premier Olmert dementierte die Nachricht.
Fest steht, daß die saudische Herrscherfamilie gute Gründe für eine Annäherung an Israel hätte. Auch Saudi-Arabien fühlt sich durch das iranische Kernwaffenprogramm existentiell bedroht. Daß die beiden Länder die Möglichkeiten einer Kooperation beim Abwenden der iranischen Gefahr ausloten, ist nur logisch. Mit seiner Politik reiht sich Riad in die arabische »Koalition der Pragmatiker« aus Ägypten, Jordanien und dem Vorsitzenden der Palästinensischen Nationalbehörde, Machmud Abbas, ein, die auf einen umfassenden arabisch-israelischen Ausgleich hinwirkt. Während des Libanonkrieges machte Saudi-Arabien aus seiner Abneigung gegen den Iran-Schützling Hisbollah keinen Hehl. Dafür hat Olmert König Abdallah ausdrücklich gelobt. Sollten die israelisch-saudi-arabischen Kontakte zu formalen Beziehungen führen, und sei es unterhalb der vollen diplomatischen Anerkennung, wäre dies eine der bedeutendsten nahostpolitischen Entwicklungen seit mehr als einem Jahrzehnt.
Das Tauwetter stärkt auch Abbas den Rücken. Mit ungewohnter Entschlossenheit brach der Präsident seine Koalitionsverhandlungen mit der fundamentalistischen Hamas ab, nachdem diese eine An- erkennung Israels verweigert hat. Jetzt droht er den Fundamentalisten mit vorgezogenen Parlamentswahlen. Angesichts der unter der Hamas-Regierung verschärften Wirtschaftskrise in den Autonomiegebieten hofft Abbas’ Fatah auf kräftigen Stimmenzuwachs.
Die vom Iran gelenkte Verweigerungsfront denkt jedoch nicht daran, ihren Kampf gegen Israel und um die eigene Vorherrschaft in der Nahostregion aufzugeben. Davon zeugt auch die unverändert kriegerische Haltung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah. In seiner »Siegesrede« in Beirut verspottete Nasrallah die libanesische Regierung als unfähig, das Land der Zedern zu beschützen. Deshalb sei eine neue »Regierung der nationalen Einheit« nötig. Für viele Libanesen hörte sich das nach einem schiitisch-fundamentalistischen Machtanspruch an.
Die Vergangenheit hat gezeigt, daß die iranische Staatsführung eine Woge der Gewalt zu entfesseln weiß, um jegliche israelisch-arabische Entspannung zu torpedieren. Unter den Pragmatikern mag deshalb dieser Tage nicht nur eine vage Hoffnung auf den Frieden wachsen, sondern auch die Angst vor den Ajatollahs.