Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi sehen führende Politiker der Ampel-Koalition keine Anzeichen für einen Kurswechsel. Grünen-Chef Omid Nouripour sagte dem »Spiegel«: »Raisi persönlich hatte viele Unrechtsurteile und Hinrichtungen zu verantworten. Nun wird er nicht mehr vor ein Gericht gestellt werden können. Ohne diesen einen Hardliner wird das Regime dennoch ein aggressives bleiben.«
Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai warnte vor der Illusion, dass der Iran nun seine geopolitische Agenda ändern werde. Er sagte dem Magazin, der Tod Raisis werde die Politik der Islamischen Republik nach außen nicht ändern. Die zentralen Entscheidungen im politischen System Irans würden vom Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei getroffen und nicht vom Präsidenten.
Der »Rheinischen Post« sagte Djir-Sarai, die Herausforderungen blieben für die deutsche und europäische Politik die Herausforderungen dieselben: »Wir brauchen eine neue Iran-Strategie.« Das alleinige Fokussieren auf das Atomabkommen sei ein großer Fehler gewesen. So sei ignoriert worden, dass die Iraner daneben ein eigenes Raketenprogramm aufgebaut und die gesamte Region destabilisiert hätten.
Fehlende Legitimation und Reformunfähigkeit
Der Außenexperte der SPD-Bundestagfraktion, Nils Schmid, hat ebenfalls keine Hoffnung, dass es nach dem Tod von Raisi zu politischen Veränderungen im Iran kommt. Er sagte der »Rheinischen Post«: »Das Grundproblem der fehlenden Legitimation und Reformunfähigkeit der Mullah-Herrschaft bleibt unverändert.«
Die letzten Jahre hätten gezeigt, dass Veränderungen innerhalb des bestehenden Systems, etwa durch Wahlen, nicht möglich seien. Schmid zeigte sich aber überzeugt, dass sich der Freiheitsdrang und der Wunsch nach fundamentaler Veränderung hin zur Demokratie am Ende durchsetzen werden - auch wenn man nicht wisse, wann das System stürze.
Vorsichtige Hoffnung darauf, dass Irans Führung nach dem Ableben des Hardliners Raisi einen neuen Kurs einschlagen könnte, äußerte hingegen der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte. Er sagte dem »Spiegel«: »Der oberste Führer Chamenei hat jetzt erneut die Gelegenheit, die Politik seines Landes zu mäßigen.«
Auch der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt sieht eine kleine Chance auf Wandel. »Viele Menschen, nicht nur in Iran, hoffen nun auf Veränderung«, sagte Hardt dem Magazin. »Das überalterte Mullah-Regine wird Probleme haben, den Präsidenten kurzfristig durch eine Person mit gleicher Autorität zu ersetzen. Die Machtkämpfe an der Spitze werden nun neu entfacht.« dpa