von Caroline-Chrisi Wilkens
Die kleine jüdische Gemeinschaft Zyperns ist stolz. Auf der geteilten Mittelmeerinsel mit rund 300 jüdischen Familien und jährlich mehr als 30.000 israelischen Touristen, haben Winzer und Küfer nach 2.000 Jahren einen Traubensaft wiederbelebt, der im Morgengebet erwähnt wird. »Jajin Kafrisin«, der zypriotische Wein, kann seit ein paar Wochen im Weingut Lambouris gekauft werden. Die Kelterer haben zusammen mit Rabbiner Zeev Raskin, dem Vizedirektor des Chabad-Zentrums in Larnaka, an der Produktion des koscheren Tropfens gearbeitet.
Es handelt sich um einen trockenen Rotwein mit fruchtigem Geschmack – eine Mischung aus Cabernet Sauvignon, Grenach Noir und den zypriotischen Mavro-Trauben. Er wird unter strengen Regeln hergestellt, denn er ist ein Mehadrin-min-Hamehadrin-Wein, der einen strikteren Umgang mit den Kaschrutregeln erfordert und ganz besondere Voraussetzungen an die Produktion stellt. »Die Herstellung muss ausschließlich von religiösen Juden durchgeführt werden, betont Roland Wig, der zusammen mit Christakis Lamnouris das Weingut in Kato Platres verwaltet, es ist eines der ältesten auf der Insel. »Nichtjuden und nichtreligiöse Juden dürfen das Weingut während der einzelnen Produktionsschritte nicht betreten.« Das sei nicht einfach gewesen, da der gesamte Betrieb in mehr oder minder regelmäßigen Abständen komplett zum Stillstand kam, erzählt er. Jedes Instrument, jede Maschine und jeder Edelstahltank mussten vor jedem Gebrauch aufs Gründlichste gereinigt und sterilisiert werden.
Wig, ein junger Mann, der aus New York nach Zypern auswanderte, hatte die Idee, koscheren Wein zu produzieren, zum ersten Mal 2004. »Das Problem war, dass es auf Zypern keinen Rabbiner oder gar eine jüdische Gemeinde gab und ich aus dem Ausland keine Unterstützung bekam«, sagt Wig. Vor drei Jahren, als in Larnaka die erste moderne Synagoge auf der Insel eröffnet wurde, konnte er seine Idee umsetzen. Rabbiner Raskin war begeistert davon.
Der Grundstein für die Produktion des ersten koscheren Weins aus Zypern nach über 2.000 Jahren war gelegt. Neue Tanks, neue Maschinen, eine vollautomatische Abfüllanlage wurden gekauft. An den Vorbereitungen nahm Rabbiner Raskin zusammen mit Rabbiner Pinchas Leibush Padwa teil, dem Direktor der Kaschrut-Aufsicht des European Council of Jewish Communities.
Im August vorigen Jahres begann die Produktion. Alle waren gespannt auf das Ergebnis. Anfang des Jahres wurden 12.000 Flaschen abgefüllt. Ende März stellte Roland Wig seinen Wein bei der Kosher Wine Society in New York vor. »Der Wein hatte Riesenerfolg«, sagt er. Daniel Rogov, ein bekannter israelischer Weinkritiker, habe dem zyprischen Produkt 89 von 100 Punkten gegeben, was sehr beachtlich sei.
Mitte April, kurz vor Pessach, hat der Verkauf des erlesenen Tropfens begonnen. Die Nachricht wurde schnell im Ausland verbreitet. Bereits in den ersten beiden Wochen wurden 500 Flaschen exportiert.
Die jüdische Gemeinschaft Zyperns importiert fast alle zum Verzehr geeigneten Produkte aus Israel und Italien. Viele hoffen, dass die Produktion des »Jajin Kafrisin« andere Hersteller motiviert, weitere koschere Lebensmittel auf den Markt zu bringen.
Der Talmud beschreibt den zypriotischen Wein als Bestandteil für das Beräuchern des Jerusalemer Tempels. In einem täglichen Ritual wurde der sogenannte Ketores-Weihrauch verteilt. Wie im 2. Buch Moses 30,34 erläutert, verbrannte man dabei elf Gewürze, denen man zur Verstärkung weitere Zutaten beigab, darunter auch Jajin Kafrisin. Der sollte den Geruch der Onycha, der Räucherklaue, schärfer machen. Der Ketores wurde zweimal täglich auf einem speziellen Altar verbrannt, dies war eine sehr heilige Prozedur. Der besondere Duft soll sich in ganz Jerusalem ausgebreitet haben.