von Evelyn Köhler
Alice Brauner, 4o, alleinerziehende Mutter der siebenjährigen Zwillinge Ben und David, hat einen neuen Job: Die Historikerin mit Doktortitel ist seit einigen Wochen im Business ihres Vaters angekommen. Bei der CCC Film leitet sie als Geschäftsführerin die Tochterfirma CCC Television. Jahrelang hat Berlins Filmkönig Artur Brauner darauf gewartet, daß eines seiner vier Kinder Nachfolger in der Branche wird.
Jetzt endlich hat die Jüngste Ja gesagt. »Mein Job ist aufregend, stimulierend. Ich lese Drehbücher, suche Schauspieler aus und verhandle mit ihnen, sorge auch dafür, daß Papas 20 Filme über den Holocaust weltweit in den Goethe-Instituten gezeigt werden.« Warum hat sie sich mit der Entscheidung so lange Zeit gelassen? »Ich wollte lieber schreiben, bin als Journalistin an den unterschiedlichsten Medien gewesen, von Tango bis Welt, hatte meine Talkshows im Fernsehen und Büchersendungen bei n-tv. Ich wollte mich emanzipieren, nicht durch den Namen Brauner Karriere machen.« Dann studierte Alice Geschichte und Politik, jobbte in einer angesagten Bar am Lützowplatz – und lernte so ihren Mann Frank Orthen kennen. Liebe, Hochzeit mit 800 Gästen, Kinderglück – und die Erfahrung wie es ist, wenn der Ehemann mit der besten Freundin ein Verhältnis beginnt.
»Ich war auch nicht perfekt«, gesteht Alice. »Es war auch schwer für Frank, sich in unserer Familie, die extrem zusammenhält, einen Platz zu erobern.« Alice und Frank sind seit 2002 geschieden.
Nun ist sie wieder verliebt. Ihr neues Glück war ihr ausgerechnet im »Goya« über den Weg gelaufen. Alice Brauner hat für die inzwischen geschlossene Nobel-Disco am Nollendorfplatz zwei Jahre lang die Öffentlichkeitsarbeit gemacht – und dabei einen Aktionär aus Bayern kennengelernt: Michael Zechbauer, 37, dessen Familie schon bei König Ludwig II. als Hoflieferant den Tabak ins Schloß brachte. »Noch ist es eine Wochenend-Beziehung, doch die Pendler-Lieben scheinen die glücklichsten Verbindungen zu sein«, sagt sie. Spätere Heirat nicht ausgeschlossen.
Aber jetzt müssen erstmal andere Pläne realisiert werden. »Ich habe Papas letzten Film Der letzte Zug für die Biennale in Venedig angemeldet. Es geht um das Leben von 668 Juden, die vom Bahnhof Grunewald aus sechs Tage im Zug in den sicheren Tod unterwegs sind. Es sind Geschichten von Zärtlichkeit, Liebe und Hoffnung. Zugleich ist das auch das Vermächtnis meines Vater, der jetzt mit 87 vielleicht seinen letzten Film gedreht hat.« Im Oktober kommt der Streifen mit Sibel Kekilli, Gedeon Burkhard und Brigitte Grothum in die Kinos. Danach ist der Fernsehfilm Racheengel und die Komödie Tiger im Bett mit Ottfried Fischer geplant.
Wie schafft es die Mutter von zwei temperamentvollen Jungs, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen? »Durch Organisation. Ich stehe früh auf, bringe die Kinder zur Schule, sitze dann von 9 bis 13 Uhr im Büro. Wenn ich die Jungs nachmittags wieder abgeholt habe, kümmere ich mich um sie. Die Kinder sind das Wichtigste in meinem Leben. Wenn sie gegen 20 Uhr im Bett sind, beginnt noch mal die Arbeit. Ich arbeite, wie Papa, am liebsten spätabends, wenn alles ruhig ist.«