Antisemitismus

Alle Wege führen aus Rom

von Igal Avidan

Giorgio Israel würde am liebsten den nationalen Holocaust-Gedenktag abschaffen. Der jüdische Mathematikprofessor aus Rom ist aktives Mitglied der jüdischen Gemeinde und maßlos enttäuscht davon, daß die zunehmende Auseinandersetzung mit dem Holocaust oft gegen die 30.000 italienischen Juden benutzt wird. Am Ende einer Veranstaltung in Bologna fragte ihn ein Student: Warum tut ihr Juden den Palästinensern das an, was die Nazis euch getan haben?
»Vor allem unter den post-kommunistischen Linken in Italien herrscht eine sehr anti-israelische Stimmung«, berichtet Israel. Für die italienischen Juden, die fast alle Verwandte in Israel haben, sei dies ein unerträglicher Zustand. »Bisher bleibt es bei verbalen Attacken, aber es ist zum Beispiel un- möglich, an Universitäten Veranstaltungen über Israel abzuhalten.« Er selbst hatte jedoch nach eigenen Angaben noch nie Probleme als Jude, sagt der 61jährige, dessen Vita der vieler italienischer Juden ähnlich ist. Er war zweimal mit nichtjüdischen Frauen verheiratet und hat drei Söhne. Die Kinder erhielten zu Hause eine jüdische Erziehung, sehen sich als jüdisch und sind Mitglieder der jüdischen Gemeinde.
Für Israel sind Mischehen kein Problem. Wichtig sei die jüdische Erziehung in der Familie. Sie traten alle zum Judentum über. »Die Konversion war in der Zeit des ehemaligen Oberrabbiners Elio Toaff nicht kompliziert. Jetzt wurde der Übertritt erschwert«. Zur Synagoge geht Israel manchmal am Schabbat und an den Feiertagen.
Gemischte Ehen sind jedoch sehr wohl ein Problem für den ehemaligen Präsidenten der jüdischen Gemeinde in Rom und Vize-Präsidenten der Vereinigung der Jüdischen Gemeinden Italiens, Giacomo Saban. »Auch in meiner Familie ist das ein Problem«, sagt der 79jährige emeritierte Mathematikprofessor. »Meine Tochter lebte in einer Mischehe, aber ihre Kinder wachsen sehr jüdisch auf. Mein Sohn ist mit einer Nichtjüdin verheiratet. Seine Kinder betrachten sich als jüdisch, aber ich frage mich, wie lange noch und ob sie jemals Juden werden, weil sie übertreten müssen.« Giacomo Saban, der in Istanbul aufwuchs und in Rom seit 1978 lebt, spielte eine bedeutende Rolle in der Geschichte seiner neuen Gemeinde. Am 13. April 1986 empfing er den Papst Johannes Paul II in der Synagoge in Rom. »Die Tatsache, daß ein Papst eine Synagoge betreten hat, was früher als völlig verboten galt, und Millionen im Fernsehen sahen, daß Rabbiner und ich ihm die Hände schütteln und mit ihm freundlich plaudern, änderte ihre Meinung über Juden.« Saban hielt damals die erste Rede und führte das jahrhundertelange Leiden der Juden unter der katholischen Kirche sowie das Schweigen des Papstes während der Deportation vieler römischer Ju- den aus.
Während das Interesse für jüdische Geschichte in Italien zunimmt und jüdische Museen überall errichtet werden – zurzeit wird ein jüdisches Museum in Ferrara und ein Holocaustmuseum in Rom geplant – stoßen Juden auf zunehmende Ablehnung. So sagt nach einer neuen Studie jeder dritte Italiener, die Juden würden die Finanz- und Medienwelt kontrollieren. Jeder fünfte heranwachsende Italiener sagt, daß Juden nach Israel gehören. Giacomo Saban ist sehr besorgt darüber, hält das Phänomen jedoch für ein europäisches Problem. »Tote Juden stellen kein Problem dar, lebende Juden leider doch.«

Wittenberg

Luthergedenkstätten untersuchen ihre Sammlung auf NS-Raubgut

Zwischen 1933 und 1945 erworbene Objekte werden analysiert

 19.02.2025

Braunau

Streit über belastete Straßennamen im Hitler-Geburtsort

Das österreichische Braunau am Inn tut sich weiter schwer mit seiner Vergangenheit. Mehrere Straßen tragen nach wie vor die Namen bekannter NS-Größen. Das soll sich nun ändern

 13.02.2025

Bund-Länder-Kommission

Antisemitismusbeauftragte fürchten um Finanzierung von Projekten

Weil durch den Bruch der Ampel-Koalition im vergangenen Jahr kein Haushalt mehr beschlossen wurde, gilt für 2025 zunächst eine vorläufige Haushaltsplanung

 12.02.2025

Österreich

Koalitionsgespräche gescheitert - doch kein Kanzler Kickl?

Der FPÖ-Chef hat Bundespräsident Van der Bellen über das Scheitern der Gespräche informiert

 12.02.2025

Düsseldorf

Jüdische Zukunft: Panel-Diskussion mit Charlotte Knobloch

Auf dem Podium sitzen auch Hetty Berg, Armin Nassehi und Philipp Peyman Engel

 11.02.2025

Sport

Bayern-Torwart Daniel Peretz trainiert wieder

Der Fußballer arbeitet beim FC Bayern nach seiner Verletzung am Comeback

 09.02.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  05.02.2025

USA/Israel

Trump empfängt Netanjahu im Weißen Haus

Als erster ausländischer Staatsgast in Trumps zweiter Amtszeit kommt der israelische Regierungschef nach Washington. In dem Republikaner hat der israelische Besucher einen wohlwollenden Unterstützer gefunden

 04.02.2025

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025