Gedenken

»Akt der Barbarei«

Vor 90 Jahren verbrannten die Nazis in vielen deutschen Städten Bücher von unliebsamen Autoren

 10.05.2023 15:52 Uhr

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner Foto: picture alliance / contrastphoto

Vor 90 Jahren verbrannten die Nazis in vielen deutschen Städten Bücher von unliebsamen Autoren

 10.05.2023 15:52 Uhr

An die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten vor 90 Jahren ist am Mittwoch in Berlin und andernorts erinnert worden. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach von einem »Akt der Barbarei«, der bis heute die Bedeutung von Meinungsfreiheit und des Schutzes demokratischer Grundrechte vor Augen führe.

Die Verbrennung von Büchern sei nicht nur ein Akt des Gesinnungsterrors, sondern auch die Vorstufe zu den entsetzlichen Verbrechen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gewesen.

Am 10. Mai 1933 verbrannten die Nationalsozialisten in zahlreichen deutschen Städten Bücher von Autoren, die sie zuvor auf eine »schwarze Liste« gesetzt hatten. Allein auf dem Berliner Opernplatz, dem heutigen Bebelplatz, wurden unter dem Jubel von Zuschauern mehr als 20.000 Bände ins Feuer geworfen. Es handelte sich vor allem um Werke jüdischer, linksgerichteter und pazifistischer Autoren.

Bitterer Lauf Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) rief bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Bebelplatz zur Verteidigung der literarischen Freiheit als Grundpfeiler der Demokratie auf. 70.000 Menschen hätten damals dabei zugesehen, »wie der Hass Flammen schlug, Bücher Feuer fingen und damit die systematische Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden, politisch Andersdenkender und vieler anderer ihren bitteren Lauf nahm«, sagte Roth.

Die Kulturstaatsministerin unterstrich, viele Autorinnen und Autoren hätten ihre Verfolgung damals mit dem Leben bezahlt. Andere hätten überlebt, weil sie in anderen Ländern Exil erhielten. »Deutschland hat deshalb bis heute eine ganz besondere Verantwortung, wenn es um die Aufnahme von Menschen geht, die vor autoritären Regimen fliehen müssen«, sagte Roth.

Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, erklärte: »Deutschland hat an diesem Abend des 10.
Mai 1933 nicht nur seine Würde, sondern auch einen Großteil seiner Kreativität und geistigen Kraft im Feuer zerstört.« Viele jener Autorinnen und Autoren, deren Bücher verbrannt wurden, seien später in Konzentrationslagern der Nazis gedemütigt, gequält und ermordet worden.

Lesebeiträge Bei dem Gedenken der Staatsbibliothek zu Berlin auf dem Bebelplatz las Roth Auszüge aus der Protestschrift »Verbrennt mich!« von Oskar Maria Graf (1894-1967) und aus Lion Feuchtwangers Roman »Exil« von 1940 vor. Weitere Lesebeiträge übernahmen unter anderem Berlins früherer Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und die Schauspielerinnen Natalia Wörner und Claudia Michelsen. Musikalisch begleitet wurde das Gedenken von Ensembles der Barenboim-Said-Akademie und der Staatsoper Unter den Linden.

Gedenklesungen und -veranstaltungen waren am Mittwoch auch unter anderem in der Akademie der Künste (Adk) und im Berliner Dom geplant.
Im Dom wurde unter anderem aus Heiligen Schriften gelesen, die bis heute Opfer der Flammen werden, und aus Werken von heute verfolgten Schriftstellerinnen und Schriftstellern. In der Staatsbibliothek Unter den Linden sollte zudem an die Zerstörung des Instituts für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld (1868-1935) vor 90 Jahren erinnert werden. epd

Kulturkolumne

Kafka und die Dubai-Schokolade

Wie für eine kurze Zeit des Nicht-Besserwissens ganz wunderbar alle Erwartungen zerdeppert wurden

von Sophie Albers Ben Chamo  12.01.2025

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025

Medien

Medienwissenschafter: Erleben Großangriff auf unabhängigen Journalismus

Der öffentliche Raum leide unter »sehr reichen, sehr mächtigen Journalismus-Verächtern«

 10.01.2025

USA

Mel Gibson: »Mein Zuhause sah aus wie Dresden«

Zahlreiche Stars sind von der gewaltigen Feuerkatastrophe in Kalifornien betroffen. Auch Mel Gibsons Haus fiel den Flammen zum Opfer. Nach antisemitischen Einlassungen in der Vergangenheit irritiert er nun einmal mehr mit unpassenden Vergleichen

 10.01.2025

Rechtsextremismus

Online-Talk: Musk wirbt erneut für AfD. Weidel rechnet mit Merkel ab

Mit positiven Aussagen über die AfD hat sich der US-Milliardär Musk bereits in den deutschen Wahlkampf eingeschaltet. Nun kommt es auf seiner Plattform X zum virtuellen Treffen mit der Parteichefin

 09.01.2025

Libanon

Parlament wählt Armeechef zum Staatspräsidenten

Es hat 13 Versuche gebraucht, nun gibt es endlich einen neuen Präsidenten. Die Hoffnungen auf einen Umschwung im Land sind groß

 09.01.2025

Menlo Park

Faktenchecker adé: Meta öffnet die Schleusen

Mark Zuckerberg kündigt die Abkehr vom bisherigen Moderationsmodell bei Facebook, Instagram und Threads an. Und das ist längst nicht alles

von Andrej Sokolow, Luzia Geier  09.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 9. bis zum 18. Januar

 09.01.2025

Berlin

Weidel trifft Musk zu Online-Gespräch

Der amerikanische Milliardär schaltet sich von den USA aus in den deutschen Wahlkampf ein und macht Werbung für die zumindest in Teilen rechtsextremistische AfD. Jetzt kommt es zum virtuellen Kennenlernen mit Parteichefin Weidel

 09.01.2025