Vertreter der AfD im bayerischen Landtag haben Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger gegen Kritik im Zuge der Flugblatt-Affäre verteidigt. »Was wir da erlebt haben, war ein politisches Schmierentheater«, sagte der Fraktionsvorsitzende Ulrich Singer am Donnerstag bei einer Sondersitzung des sogenannten Zwischenausschusses im Landtag in München. Der Freie-Wähler-Chef sei von Ministerpräsident Markus Söder mit dessen Fragenkatalog behandelt worden »wie ein Schuljunge«.
Zudem lägen die Vorfälle mehr als 35 Jahre zurück und Aiwanger habe sich inzwischen entschuldigt, sagte Singer. Dass Grüne und SPD ihm nicht zugestanden hätten, sich in der Zwischenzeit geändert haben zu können, sei »unerhört«. Der AfD-Landtagsabgeordnete Ingo Hahn solidarisierte sich ebenfalls mit Aiwanger: »Als AfD wissen wir nur allzu gut, was es bedeutet, im Kreuzfeuer zu stehen.«
Gesichert rechtsextremistisch Der Verfassungsschutz beobachtet die AfD bundesweit. Teile der Partei, darunter ihre Jugendorganisation und ihr Thüringer Landesverband, sind »gesichert rechtsextremistisch«.
Der Zwischenausschuss ist in der Zeit kurz vor Landtagswahlen für die Beratung dringender Angelegenheiten zuständig, ihm gehören aktuell 51 Abgeordnete an.
Ministerpräsident Markus Söder und Aiwanger selbst haben im Landtag nicht zu der Affäre rund um ein altes antisemitisches Flugblatt und zahlreichen offenen Fragen Stellung genommen. Sowohl der CSU-Vorsitzende als auch der Freie-Wähler-Chef meldeten sich in einer Sondersitzung des sogenannten Zwischenausschusses am Donnerstag ungeachtet zahlreicher Bitten und Aufforderungen der Opposition nicht zu Wort.
Unbeantwortete Fragen Dutzende Fragen, die unter anderem Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann in der Debatte zuvor an beide gerichtet hatte, blieben damit unbeantwortet. Die Sitzung des Gremiums, das kurz vor Landtagswahlen für dringende Angelegenheiten zuständig ist, ging nach rund zwei Stunden zu Ende.
Der Fraktionschef der Freien Wähler, Florian Streibl, hat das Tempo bei der Aufklärung im Zuge der Flugblatt-Affäre gelobt. »Innerhalb einer Woche diese Aufklärung zu liefern, ist bei dem Sachverhalt sehr gut«, sagte Streibl am Donnerstag bei der Sondersitzung. Man müsse Aiwanger »zugestehen, dass ein Statement vielleicht auch mal etwas länger dauert«.
Der Vize-Ministerpräsident habe letztlich aber »glaubhaft versichert, nicht der Verfasser des Flugblatts zu sein«, und sich entschuldigt, sagte Streibl. »Es erfordert Mut, Fehler einzugestehen und diesen Mut hat Hubert Aiwanger bewiesen.«
Amerikanische Wahlkampfverhältnisse Der Opposition im Landtag warf Streibl dagegen Doppelmoral vor. Durch die Vorwürfe sei »für amerikanische Wahlkampfverhältnisse gesorgt« worden, während den Freien Wählern und Aiwanger Populismus vorgeworfen werde.
Seine Partei erwarte zwar von ihrem Chef, dass er »alles tut«, um verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen, sagte Streibl. Von der Entscheidung des Zwischenausschusses über einen Antrag auf Entlassung Aiwangers dürfe aber nicht das Signal ausgehen, dass man auch nach mehr als 35 Jahren für Vorfälle aus der Jugend zur Verantwortung gezogen werden kann. dpa/ja