Seit Ende Februar hat Brandenburg 17 Ärzte mehr – und zwar gut ausgebildete Ärzte, denn die neuen Mediziner haben bereits eine lange praktische Erfahrung. Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes vom Land Brandenburg, der Ärztekammer und der Otto-Benecke-Stiftung haben sich 20 jüdische Zuwanderer und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion ein Jahr lang auf die Berufsanerkennung vorbereitet. Bis auf drei, die die Prüfung nachholen können, haben alle den Abschluss ge- schafft.
Regina Weiz von der Otto-Benecke-Stiftung ist begeistert über die »hohe Bestehensquote«. Damit habe sie nicht gerechnet. Schließlich mussten die Kursteilneh- mer im Alter zwischen 30 und Mitte 50 einen »riesigen Berg bewältigen«, wie die Beraterin und Projekt-Koordinatorin erklärt. Schon allein der tägliche Unterricht habe bei vielen den Lebensrythmus durcheinandergebracht. Selbst Muttersprachlern fiele es schwer, als Erwachsene plötzlich wieder die Schulbank zu drücken und sich auf den zu lernenden Stoff zu konzentrieren. Die russischsprachigen Ärzte mussten nicht nur die deutsche Sprache erlernen, sondern auch noch einen völlig anderen Aufbau des deutschen Kliniksystems kennenlernen und sich mit Rechtsfragen für Mediziner beschäftigen.
Doch Ehrgeiz und Hoffnungen seien bei den Teilnehmern riesengroß gewesen, sagt Weiz. Dennoch hätten einige Anwärter zunächst große Angst verspürt, denn »auch wenn man schon viele Jahre im Beruf ist, ist eine Prüfung nicht einfach so ein Klacks«, weiß die Projekt-Koordinatorin. »Fragen Sie mal Ihren Hausarzt, ob er sich zutrauen würde, ad hoc eine kleine Chirurgie-Prüfung zu machen.«
Mit dem erfolgreichen Abschluss ist das Projekt für die Mediziner noch nicht beendet. Jetzt beginnt die Nachbetreuungsphase. Nur zwei Teilnehmer haben bereits Jobs, andere suchen noch Arbeitsstellen. Sie werden nun bei ihren Bewerbungen unterstützt. Und für diejenigen, die schon berufstätig sind, stehen bald auch wieder Entscheidungen an: Im Moment haben sie den Status von Assistenzärzten, gemeinsam mit den Beratern müssen sie jetzt überlegen, wie es für sie weitergehen soll, ob sie sich beispielsweise auf eine Facharztprüfung vorbereiten möchten.
Auch beim Arbeitsministerium in Brandenburg ist man stolz auf das erfolgreiche Ärzteprojekt. Ob es fortgeführt werden kann, ist allerdings noch nicht sicher, wie Pressesprecherin Klaudia Szczes erklärt. »Wir sind dabei zu recherchieren, wie groß der Bedarf im Land noch ist«, sagt sie. Denkbar sei es jedoch auch, sich mit ei- nem anderen Bundesland zusammenzutun und so auch Nicht-Brandenburgern die Chance zur Qualifizierung für den deutschen Arbeitsmarkt zu bieten.
Auch Michail Tkach, stellvertretender Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Potsdam, ist sehr stolz auf den Erfolg des Pilotprojektes. Tkach, jahrelang auch im Ausländerbeirat der Stadt tätig, kennt die Probleme der hochqualifizierten Zuwanderer, die mangels Berufsanerkennung zu Untätigkeit verdammt sind. Darunter sei- en eben nicht nur Mediziner, erzählt er, auch Krankenschwestern dürfen in Deutschland ohne Zusatzprüfungen nicht arbeiten. Er findet diese Weiterbildungsmöglichkeiten daher sehr gut: »Am Ende können alle profitieren.«
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