von Peter Bollag
Museumsnächte gehören in vielen Städten mittlerweile zum festen Bestandteil des kulturellen Jahresablaufes. Auch in Basel. Dort findet die kulturelle Nacht der Nächte am morgigen Freitag zum achten Mal statt. Zehntausende Besucher werden in der Museumsmeile der Rheinstadt erwartet.
Mitten in dieser Meile liegt auch Basels Jüdisches Museum, das einzige seiner Art in der Schweiz. Für das in einem Hinterhof gelegene Haus, eine typisch schweizerisch-bescheidene Variante etwa der Berliner Institution, ist die Museumsnacht eine Werbung, wie man sie sich sonst nicht leisten kann.
Das Problem dabei: Freitag abend beginnt bekanntlich auch Schabbat. Deshalb beim größten Kultur-Event des Jahres nicht mitzumachen, kommt nicht in Frage. Andererseits muss ein jüdisches Museum natürlich die Halacha respektieren. »Immerhin können wir den Gästen dann gleich auch die Institution des Schabbat erklären –- am aktuellen Beispiel sozusagen«, sagt Museumsleiterin Katja Guth.
Am siebten Tage soll man ruhen, schreibt die Tora vor. Deshalb treffen die Besucher in der Kornhausgasse 8 nur ehrenamtliche und nichtjüdische Mitarbeiterinnen des Hauses an. Auch das kulturelle Rahmenprogramm bestreiten ausschließlich Nichtjuden, unter anderem zwei Musikerinnen, welche die – allerdings jüdischen – Komponisten Jacques Offenbach und Ernest Bloch interpretieren. Und die nichtjüdische Judaistin Astrid Starck trägt westjiddische Prosa vor.
Nächstes Problem: Die Basler Museumsnacht ist nicht gratis. Zwar kann man im Vorverkauf einen Museums-Pass für alle 32 beteiligten Museen lösen. Aber angeboten wird auch die Möglichkeit, die Karte vor Ort im jeweiligen Haus zu erstehen. An Schabbat aber ist es verboten, Geld in die Hand zu nehmen. Dabei spielt es keine Rolle, dass die überwiegende Zahl der Besucher der Museumsnacht natürlich nicht jüdisch ist. Das Verbot bezieht sich ja ausdrücklich auf diejenigen, die das Geld entgegennehmen. Deshalb wird im Jüdischen Museum – im Gegensatz zu den 31 anderen Häusern – zur Freude der Besucher kein Eintrittsgeld verlangt.
Verboten ist es auch, an Schabbat Auto zu fahren oder sich fahren zu lassen. Den Museums-Shuttlebus können fromme Ju- den deshalb nicht benutzen – obwohl der immerhin gratis wäre. Zum Glück ist Basel flächenmäßig so klein, dass sich beinahe alle beteiligten Museen zu Fuß erreichen lassen. Und Spazierengehen ist durchaus Schabbat-konform. Katja Guth hofft deshalb, dass sich auch der eine oder andere religiöse jüdische Museumsbesucher unter die Besucher mischt. Und sei es nur, um nach dem üblich opulenten Freitagabendmahl seinen Verdauungsspaziergang sinnvoll zu gestalten.
Apropos: Damit sich auch die nichtjüdischen Besucher in die Schabbat-Stimmung einklinken können, gibt es im Museum für sie auch etwas zu essen und zu trinken – selbstverständlich koscher und selbstverständlich gratis. Die Bewohner der beiden Judendörfer Ending und Lengnau, wo die Schweizer Juden bis Mitte des 19. Jahrhunderts ausschließlich wohnen durften, hätten es in ihrem einzigartigen schwyzerjiddischen Idiom so ausgedrückt: »Achle, bave und lau mescholeme« – »Essen, Trinken und nichts bezahlen.«
www.juedisches-museum.ch