50. Leo-Baeck-Preis

A Mentsch

von Detlef David Kauschke

Es ist die Zeit der Jubiläen im Berliner Hotel Adlon Kempinski. Das Traditionshaus gibt es seit 100 Jahren, den Leo-Baeck-Preis seit 50. Und an diesem Dienstagabend überreicht Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch die Auszeichnung an den 50. Preisträger: Bundeskanzlerin Angela Merkel. »50 Jahre Leo-Baeck-Preis, das sind 50 Jahre lebendiges Andenken an eine prägende Gestalt des deutschen Judentums«, betont Knobloch. Und noch einen Jahrestag erwähnt sie: Vor fast genau einem Jahr wurde die Münchner Hauptsy-
nagoge eröffnet, begleitet von den unverwechselbaren Melodien des Klarinettisten Giora Feidman, der auch diesen Abend im Ballsaal im Adlon musikalisch umrahmt. Mehr als 300 Gäste hören ihm zu. Vertreter aus Politik, Kultur und Wirtschaft. Darunter die Generalsekretäre Hubertus Heil (SPD) und Dirk Niebel (FDP), Showmaster Frank Elstner, Generalbundesanwältin Monika Harms, der israelische Gesandte Ilan Mor und der Chef des Europäisch Jüdischen Kongresses (EJC), Moshe Kantor. Auch viele ehemalige Preisträger sind mitgekommen: Verlegerin Friede Springer, Publizist Ralph Giordano und Bundespräsident Richard von Weizsäcker.
»Alle bisher geehrten Preisträger haben den humanitären Geist von Leo Baeck nicht nur mit Worten bezeugt, sondern mit Taten gelebt«, sagt Charlotte Knobloch. Die Zentralratspräsidentin erinnert an den Namensgeber der Auszeichnung: Ein großer Gelehrter und Rabbiner sei dieser gewesen, ein Mann, der Respekt und Toleranz verkörpert habe. Mit dem seit 1957 verliehenen Preis ehre der Zentralrat Per-
sönlichkeiten, »die Anlass zur Hoffnung geben, dass sie eben diese Begeisterung für Wissenschaft Humanität und Friedensliebe weitertragen werden«. Die Auszeichnung gehe an Menschen, die sich wie Leo Baeck in herausragender Weise für die jü-
dische Gemeinschaft eingesetzt haben.
In diesem Jahr ist es Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin sei eine außergewöhnliche Frau mit einer unzweideutigen und unnachgiebigen Haltung denjenigen gegen- über, die ein harmonisches Miteinander von Juden und Nichtjuden unmöglich machen wollen. »Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland habe in ihr eine verlässliche Partnerin und echte Freundin gefunden«, unterstreicht Knobloch in ihrer Begrüßung.
Der Liedermacher und Dichter Wolf Biermann nimmt sich dann eine halbe Stunde Zeit für seine Laudatio (siehe Kasten). Erst singend, dann redend. Er nennt die Kanzlerin »ein gutgeratenes Kind der DDR«, eine Kämpferin im ewigen Freiheitskrieg der Menschheit. Sie sei ganz einfach »a Mentsch«, meint Biermann.
Sie nehme den Preis mit großer Freude entgegen, sagt Merkel dann in ihrer Dankesrede. Sie sei geehrt, empfinde aber auch eine dreifache Verpflichtung: »Erstens dauerhaft dafür einzustehen, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus in Deutschland und in Europa nie wieder Fuß fassen. Zweitens, nach Kräften das partnerschaftliche Verhältnis zur jüdischen Gemeinschaft fördern. Und drittens: Heute und in Zukunft für die Sicherheit des Staats Israel und für unsere gemeinsamen Werte von Demokratie und Rechtstaatlichkeit einzutreten.«
Dies bedeute zum Beispiel konkretes Handeln in der Frage des iranischen Nuklearprogramms. Wenn eine diplomatische Lösung nicht möglich sei, sei Deutschland zu scharfen Sanktionen gegen Teheran bereit. Die Bedrohung Israels und das Relativieren der Schoa durch Staatspräsident Ahmadinedschad sei auf keinen Fall hinnehmbar. Die Bundesregierung setze im Atomstreit mit Iran nicht auf das Prinzip Hoffnung, »sondern auf Entschlossenheit und Geschlossenheit«.
Deutschland nehme seine historische Verantwortung wahr. »Nur indem wir immerwährende Verantwortung für die moralische Katastrophe der deutschen Geschichte bekennen, können wir unsere Zu- kunft menschlich gestalten.« Nach all den Schrecken der Vergangenheit grenze es an ein Wunder, dass es in Deutschland wieder eine wachsende und lebendige jüdische Gemeinschaft gebe. »Umso wichtiger ist es jetzt, all die sichtbaren Zeichen jüdischen Lebens wieder zu stärken.« Dazu gehöre auch, dass der »aufrechte Gang« gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus als alltägliche Verpflichtung begriffen werden müsse. »Null Toleranz für Intoleranz«, fordert Merkel und: »Leo Baeck sollte uns dabei Vorbild sein.« Die Gäste erheben sich von den Sitzen und applaudieren.

Berlin

Äußerungen des US-Tech-Milliardärs Elon Musk: »Fundamentaler Angriff auf die deutsche Demokratie«

Wolfgang Thierse (SPD) kritisiert den Tech-Milliardär und Trump-Berater Elon Musk scharf

 03.01.2025

TV-Tipp

Fränkischer Stoffhändler mit beispielloser Erfolgsgeschichte

Mini-Serie über Jeans-Erfinder Levi Strauss als TV-Premiere

von Jan Lehr  02.01.2025

Gaza

WHO-Chef fordert Freilassung von Krankenhausleiter in Gaza

Israel wirft dem Direktor des Kamal-Adwan-Krankenhauses eine Beteiligung an Terroraktivitäten vor. Er werde gegenwärtig verhört, heißt es

 30.12.2024

Jerusalem

Netanjahu würdigt Jimmy Carter als Friedensstifter

Der ehemalige US-Präsident ist am Sonntag im Alter von 100 Jahren gestorben

 30.12.2024

Jerusalem

Netanjahu im Krankenhaus - Gericht verschiebt Anhörung

Die Gerichtstermine im Korruptionsprozess gegen Israels Regierungschef kollidieren oft mit seinen Amtsgeschäften. Diesmal zwingt ihn jedoch ein anderer Grund zu einer Absage

 29.12.2024

Interview

»It’s been a tough year«

Yana Naftalieva on the meeting of the World Union of Jewish Students in Berlin, anti-Semitism at universities and her wishes for 2025

von Joshua Schultheis  27.12.2024

Nahost

Israel greift bei libanesisch-syrischem Grenzübergang an

Ziel sei Infrastruktur der Terrormiliz Hisbollah gewesen

 27.12.2024

Nahost

UN-Chef ruft Israel und Huthi-Terrormiliz zu Deeskalation auf

António Guterres nennt die neuesten israelischen Luftangriffe »besonders alarmierend«

 27.12.2024

Nahost

Tote nach israelischen Angriffen im Jemen

Nach Angaben von Israels Armee griff die Luftwaffe Infrastruktur der Huthi-Miliz am internationalen Flughafen der Hauptstadt Sanaa an

 28.12.2024 Aktualisiert