»Im kommenden Jahr wollten wir unser zehnjähriges Bestehen feiern«, sagt Michail Beitman-Korchagin, künstlerischer Leiter des Rostocker Jüdischen Theaters Mechaje. »Aber so, wie es jetzt aussieht, wird wohl nichts draus.« Grund für den Pessimismus ist eine Stellungnahme der Rostocker Stadtverwaltung. Darin heißt es, daß im Haushaltsjahr 2007 die Zuschüsse für Vereine um zehn Prozent gekürzt und schließlich der gesamte Zuschuß in Höhe von 30.000 Euro gestrichen werden soll.
Hintergrund der Stellungnahme war ein Auftrag zur Prüfung der Effizienz des Theaters und möglicher Einsparpotentiale, den die Rostocker Bürgerschaft im Januar bei ihren Beratungen zum Haushaltssicherungskonzept stellte. Obwohl festgestellt wurde, daß das kleine Theater mit rund 5.000 Zuschauern im vergangenen Jahr »effizient« gearbeitet hat, sollte »im Rahmen der Eckwertevorgabe« das Teilbudget Kultur neu errechnet werden.
Die Konsequenz für das Jüdische Theater und seine fünf Schauspieler: Es müßte sich künftig dem Wettbewerb mit anderen Kultureinrichtungen der Stadt stellen und neue Finanzierungsmöglichkeiten suchen.
Für die Sprecherin von Mechaje, Manuela Balan, ist das Prüfergebnis ein Ding der Unmöglichkeit. In einem Offenen Brief schreibt sie: »Nachdem die kleine Truppe sich gegen viele Probleme behauptet hat, soll sie nun quasi als Geburtstagsgeschenk von ihrer Heimatstadt stillgelegt werden.« Dies passe weder zum Bild der Hansestadt, die sich gern weltoffen präsentiere, noch drücke es das so oft betonte Engagement der demokratischen Parteien gegen rechte Bestrebungen und für mehr Toleranz aus. »Damit macht man das einzige jüdische Theater des Landes kaputt«, sagt Balan.
Deutliche Worte, die auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Rostock, Jury Rozov, unterstützt. »Wir haben in den vergangenen Jahren gemeinsam mit der Stadt Rostock, dem Kultusministerium in Schwerin und dem Zentralrat der Juden in Deutschland daran gearbeitet, eine stabile Finanzierung des Theaters zu realisieren. Der nun vorliegende Beschlußvorschlag der Stadt deutet darauf hin, daß speziell das Jüdische Theater getroffen werden soll.«
Die Fraktionsvorsitzende des in der Bürgerschaft vertretenen Rostocker Bundes, Sybille Bachmann, nennt das Ganze »ein Politikum«. Sie fordert den Oberbürgermeister auf, die Zuschüsse für das jüdische Theater nicht zu streichen. Rostocks Kultursenatorin Ida Schillen (PDS) hält den Vorschlag für verantwortungslos. »Mit mir wird es keine Streichung geben.« Es gebe einen Vertrag mit der Jüdischen Gemeinde, der auch die Förderung des Theaters beinhaltet. Da könne man nicht einfach einen Teil rausnehmen und aufkündigen, so Schillen. Laut Vertrag bekommt Mechaje eine jährliche Förderung von 83.000 Euro. Der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Hansestadt Rostock beteiligen sich mit je 30.000 Euro und das Land Mecklenburg-Vorpommern mit 23.000 Euro.
Im Theater selbst gibt man die Hoffnung nicht auf. »Wir haben doch so viel vor«, sagt Beitman-Korchagin. Manuela Pfohl
Rostock