»1.200 Euro
sind zu gering«
Georg Heuberger über Einmalzahlungen für Ghetto-Arbeiter
Herr Heuberger, weil deutsche Rentenversicherer den meisten früheren NS-Ghetto-Arbeitern eine Rente verweigern, will die Bundesregierung einen Fonds mit 75 Millionen Euro bereitstellen. Das klingt nach viel Geld ...
heuberger: Die Höhe des Gesamtbetrages ist weniger das Problem, als vielmehr die völlig überhöhte Schätzung von 60.000 positiv zu entscheidenden Anträgen. Dadurch kommt es zu einem viel zu geringen Einmalbetrag von 1.200 Euro.
Welche Summe halten Sie für angemessen?
heuberger: Die angemessene Größenordnung ist der Bundesregierung bekannt. Sie berechnet sich aus zwei Bezugsgrößen: der durchschnittlichen Höhe der laufenden Ghettorenten und der Lebenserwartung der hoch betagten Menschen.
Warum haben Sie nicht gleich, als Sie sich mit der Bundesregierung vor einiger Zeit auf die Errichtung des Fonds einigten, über eine Mindestsumme gesprochen?
heuberger: Zuerst mussten die möglichen Kriterien festgelegt werden. Dies ist geschehen. Auch unsere finanziellen Vorstellungen sind im Finanzministerium bekannt.
Eine Gruppe von deutschen Richtern hat den Vorschlag gemacht, die Deutsche Rentenversicherung und die Bundesregierung sollten jeweils rund 300 Millionen Euro zu dem Fonds beisteuern. Was halten Sie von diesem Vorschlag?
heuberger: Die Richter schlagen einen Vergleich im Rahmen des Ghettorentengesetzes vor, nicht einen gesonderten Fonds. Die Größenordnung von 600 Millionen Euro, die die Richter offenbar genannt haben, hängt vor allem damit zusammen, dass das Ghettorentengesetz abhängig vom Tag der Antragstellung teilweise Nachzahlungen vorsieht.
Gesetzt den Fall, die Claims Conference einigt sich mit der Bundesregierung auf eine deutlich höhere Summe: Würden Sie den überlebenden Ghetto-Arbeitern dann raten, vor den Sozialgerichten ihre Klagen gegen die Deutsche Rentenversicherung zurückzuziehen?
heuberger: Es wäre schön, wenn es dazu kommen würde. Davon abgesehen ist es das Recht jedes Ghetto-Arbeiters, einen Rentenanspruch einzufordern und gegebenenfalls auch einzuklagen. Nichts anderes bedeutet die Rechtsgarantie des Grundgesetzes.
Mit dem Repräsentanten der Jewish Claims Conference sprach Tobias Kühn.