Am Gedenktag für die Opfer der Novemberpogrome von 1938 nehmen die Polizeibehörden jüdische Einrichtungen noch stärker in den Fokus als angesichts der Entwicklung in Nahost ohnehin schon. In einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zu Schutzvorkehrungen an diesem Donnerstag verwiesen mehrere Landesinnenministerien darauf, dass diese bereits nach dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober erhöht wurden.
Die örtlichen Polizeistellen seien sich aber der besonderen Bedeutung des 9. November bewusst und stünden in engem Kontakt mit den jüdischen Gemeinden und anderen Einrichtungen. Zu Details der Schutzkonzepte hielten sich die Ministerien bedeckt.
Am Donnerstag wird vielerorts in Deutschland mit größeren und kleineren Gedenkveranstaltungen an die Opfer der Pogrome der Nazis gegen die jüdische Bevölkerung erinnert. In ganz Deutschland brannten Synagogen, wurden Geschäfte geplündert und zerstört, Juden wurden misshandelt, willkürlich verhaftet und ermordet.
Eine Lehrstunde sondergleichen
Nach Mobilisierungsaufrufen der Hamas sei die Polizeipräsenz vor herausragenden jüdischen Einrichtungen noch einmal erhöht worden, hieß es in Nordrhein-Westfalen. Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte: »Unsere Polizei ist sich der geschichtlichen Verantwortung bewusst, die sich aus dem 9. November für die Sicherheit unserer jüdischen Mitmenschen, für Synagogen und andere jüdische Einrichtungen ergibt.« Die Erinnerung an diesen schrecklichen Tag sei eine Lehrstunde sondergleichen. »Wir tun alles dafür, dass die Reichspogromnacht nur eine Erinnerung bleibt.«
In Hessen berichtete das Landeskriminalamt, es würden bereits rund 400 jüdische oder von Juden genutzte Einrichtungen wie Museen, Kindergärten, Altenheime und Friedhöfe geschützt, sowohl offen als auch verdeckt. Hinweise auf konkrete Bedrohungen lägen derzeit nicht vor. Rund um den 9. November wurden aber »die Aufklärungsmaßnahmen verstärkt und in allen Polizeipräsidien mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei zusätzliche Kräfte auf Grund der aktuellen Lage mobilisiert«.
In Hannover hieß es, Niedersachsens regionale Polizeibehörden seien sensibilisiert, um entsprechend den örtlichen Gegebenheiten »noch weitergehende Maßnahmen zu prüfen und mit höchster Priorität umzusetzen«. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der Polizei Bremen.
Besonders sensibler Tag
In Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Sachsen-Anhalt wurde auf die Unterstützung durch andere Sicherheitsbehörden verwiesen, etwa die Bereitschaftspolizei, das Landeskriminalamt und das Bundeskriminalamt. In Sachsen teilte das Innenministerium mit: »Der 85. Jahrestag der Reichspogromnacht ist angesichts der aktuellen Lage ein besonders sensibler Tag. Dieser Bedeutung tragen wir durch ständige Lageanalysen, erhöhte polizeiliche Aufmerksamkeit und besondere Schutzmaßnahmen Rechnung.«
In Thüringen sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion, der 9. November sei auch schon vor der Hamas-Attacke ein sensibler Tag gewesen. Bei der einen oder anderen Veranstaltung seien zusätzliche Standposten geplant. dpa